[28] Platz vor dem Wirtshause am Isel.
Andrea Hofer und Joachim Haspinger treten auf.
HOFER.
Ich hatte einen wundersamen Traum,
Dreimal warf ich das Schwert, das ihr mir gabt,
Hinweg von mir, in einen tiefen Abgrund,
Und dreimal kam es durch die Lüfte wieder.
Und ließ sich sacht zu meinen Füßen nieder.
Soll man auf Träume wohl was halten, Vater?
HASPINGER.
Nach dem der ist, der träumt, mein lieber Sohn!
Wer Tags den Leib mit Speis' und Weine stopft,
Und bloß auf Eitelkeit und Wollust denkt,
Der lügt sich nachts was vor, so wie am Tag.
Wer aber still den Geist zum Herrn erhebt,
Und heimlich weint, daß er ihn nicht erreiche,
Dem nahen wohl in dem verschwiegnen Dunkel
Die göttlichen Gestalten, deren Fuß
Zu zart ist für die sonnerhitzte Erde,
Und was das ird'sche Aug' nicht sehen kann,
Das tritt zum Geistes-Auge leis' heran.
HOFER.
Doch welch ein Engel nahte meinem Traum?
HASPINGER.
Der lieblichste im ganzen Himmelsraum;
Der süß errötet, jungfräulich erschrickt,
Wenn Gott auf ihn mit allen Gnaden blickt.
Der Engel: Demut!
HOFER.
Lies die Messe mir!
Ist die Kapelle weit?
HASPINGER.
Kaum fünfzig Schritte.
Sieh dort den Schein der ew'gen Lampe.
HOFER.
Kommt
Wohl Joseph Speckbacher zur Andacht?[28]
HASPINGER.
Nein.
Der untersucht die Postenkette, rennt
Und stürmt und schwitzt seit ein Uhr durch die Nacht.
HOFER. Mich schmerzt es, daß er gottlos ist.
HASPINGER. Ei laß ihn!
HOFER.
So ungebeichtet in den Streit zu gehn!
Mir wär's unmöglich. Blutig kann es werden,
Für jeden sperrt der Tod den Rachen auf.
Welch eine schreckliche Verfassung wär's,
Wenn man, das Blei im Busen, ohne Nachtmahl,
Mit dem Erlöser nicht versöhnt, verzweifelnd,
Der Ewigkeit entgegenschaudernd läge.
Komm, Vater! reiche mir das Sakrament.
Mein Herz nach Christi heil'gem Leib entbrennt.
Sie gehen ab.
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