An Elisens künftigen Geliebten

[183] Welche Mutter hat, mit stillen Thränen,

An den Busen dich gelegt,

Und das erste zärtliche Sehnen

Deiner Kindheit eingeprägt;


Und dir die süße Sorge gepriesen,

Mit der du fremden Kummer stillst?

Wer bist du, Jüngling! der du mir Elisen,

Die schönste der Grazien, rauben willst?


Hat ihren leichten Scherz Aglaja dir gegeben,

Hat sich ihr Lächeln tief in deine Seele gedrückt?

Haben die Tugenden dein Leben

Mit jedem hohen Reize geschmückt?


Gefiel, im heiligen Schleyer,

Die Keuschheit, am Arme der Jugend, dir,

Und fühltest du der Büsche Feyer

Unter dem ruhigen Monde mit mir?
[184]

Hast du das Gräschen auf der Wiese

Mit Freude gesehen, wie es grünt?

So komm, du Glücklicher! O komm, hier ist Elise!

Du hast der Grazien schönste verdient.


Mich wird kein Lenz hinfort in seinen Thälern finden:

Umarme, beßter Jüngling, mich,

Und laß mich um dein Haar die Mirthe der Liebe winden:

Mein letzter Segen ist für dich.

Quelle:
Johann Georg Jacobi: Sämmtliche Werke. Band 2, Zürich 1819, S. 183-185.
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