An J.J. Rousseau

Armer! bin ich werth, um dich zu weinen,

Hier im fernen deutschen Vaterland,

O so laß mich. – Armer! von den Deinen,

Als du Wahrheit suchtest, weggebannt!

Ausgehöhnt von stolzen Atheisten,

Weil du Glauben trugst in deiner Brust,

Und verfolgt von Priestern unter Christen,

Gleich als dünkte sie Verfolgen Engelslust!

Ach! gehöhnt, weil dir ein innres Wort der Weihe

Für dein Elend künft'gen Trost verhieß;[162]

Ach! verfolgt, weil ohne Lieb' und Treue

Man umsonst dir seinen Glauben pries!

Konntest nicht den bittern Lohn verschmerzen

Von dem Volke, dem du wohlgethan;

Gingst hinweg mit deinem Bruder-Herzen,

Gingst allein auf deiner Dornen-Bahn.

Armer, Guter! schlafe jetzt in Frieden,

Wo kein Priester dich, kein Gottesläugner drängt;

Guter, Edler! bist dahin geschieden,

Wo die Einfalt ihre Kron' empfängt;

Wo dem Märtyrer aus allen Himmelslichtern

Sein errungner Glanz entgegen scheint,

Lieb' und Ruh in allen Angesichtern

Um den hier Verstoßnen sich vereint. –

Hin zu jenen Bäumen will ich wallen,

Wo, von Menschen weit, dein Lager sanfter ist:

O da werden blut'ge Thränen fallen

Ums Jahrhundert, wenn es dich vergißt.

Quelle:
Johann Georg Jacobi: Sämmtliche Werke. Band 3, Zürich 1819, S. 138-139,162-163.
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