Der Frau Geheimen Räthin Buchholz

[127] 1761.


Geliebte, die mit ihrem Glück auf Erden

Zufrieden bleibt, wenn glücklicher zu werden

Der Thor erfindungsreich an Wünschen ist.


Ich fühl in mir nicht eitle Triebe brennen,

Ich bin vergnügt dein schönes Herz zu kennen,

Und glücklich, daß du meine Freundin bist!


Es fahre die, der es das Glück gewähret

Im Wagen, sey an Kopf und Brust beschweret

Mit Steinen, die ein Bergdurchwühler fand.

Ich wünsche mir kein Haus mit Marmor Wänden

Und keinen Prunksaal; keine zum Verschwenden

Gedeckte Tafel, von des Schicksahls Hand!
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Ein Glücklicher mag von dem Traubenstocke

Die Kelter füllen, und den Kaufmann locke

Oft der Gewinn, auf ein zerbrechlich Holz.

Er schiffe schwer von Hoffnung hin nach Inden,

Und komme mit den besten Seegel-Winden

Zurück, auf Lasten seines Reichthums stolz.


Ich fodre nichts, als Brod für meine Tage,

Ein ruhig Herz, und Kleider, die ich trage,

Um, mehr bedeckt, als stolz geziert, zu seyn.

Kein Menschen-Arm erhält das Glücke bändig;

Und wenn es will, sey es mir unbeständig;

Nur bleibt alsdann, ihr wahren Freunde, mein!


Wird mir, wenn einst auch böse Tage kommen,

Nur dieser Schatz, die Freundschaft nicht genommen;

Behalt ich alt, der Musen Saitenspiel;

So hab ich gnug Glückseligkeit und Freuden,

Und heisse mich die Prächtigen beneiden.

Sie haben oft kein Herze zum Gefühl!

Quelle:
Anna Louisa Karsch: Auserlesene Gedichte, Berlin 1764, S. 127-129.
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