Der Zorn über Thyrsis

[315] Lieb Dieb Halten Kalten Mann Trennen Brennen Dann Hoben Leben Sehr Mehr.


Bei dem Apoll schwör ich: mich hat nicht Thyrsis lieb,

Er lauschet auf mein Lied begierig wie ein Dieb,

Verspricht zu kommen her und weiß nicht Wort zu halten,

Bald nenn ich aufgebracht ihn zornig einen kalten

Empfindungslosen Freund und einen harten Mann;[315]

Bald nehm ichs heimlich vor, mein Herz halb abzutrennen

Von dem Undankbaren, nicht mehr für ihn zu brennen,

Und ärgern soll er sich alsdann,

Wenn ihn, den oft mein Lied zu Göttern hat erhoben,

Wenn ihn nicht mein Gesang wird loben.

Doch jetzt empöret sich in mir mein Herz zu sehr:

Graf! sag ihm nichts von Zorn, ich zürne schon nicht mehr.

Quelle:
Anna Louisa Karsch: Gedichte von Anna Louisa Karschin, geb. Dürbach. Berlin 1792, S. 315-316.
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