Verschiedne Zwecke

[27] Nie schöpfte tief das Frohe der lachichte,

Der flatterhafte, gähnende Zeitvertreib;

Und o diess Leere, Kummervolle,

Gegen Vergnügen, das uns die Seele


Erfüllt, und hinreisst, wäre der mächtigsten

Von allen Künsten Ziel? Wir erröthen nicht,

Nur diess von einer Kunst zu fordern?

Und dass es selber bey deiner gnüge,


Entglüht kein Zorn dir, Dichter? So duld' es denn!

Doch büss' auch deine Demuth, durch zirkelnden

Entwurf, (Verzeichnung ist er!) glatte

Liederchen, oder durch Henriaden;
[28]

Durch Leidenschaft, in Bildergewand gemumt;

Und jedes Knöspchen, Blümchen der Zierlichkeit;

Durch Schönheit, wie der Halbkunst Tiefsinn

Lehret, geleitet von ihren Mustern:


Durch alles, was uns Neueren Untergang

Verspricht, und hält, vom Herzen nicht komt, ans Herz

Nicht geht! Nachahmung, der das Urbild

Spottet, durch lallende Göttersprache!


Gleich einer lichten Wolke mit goldnem Saum,

Erschwebt die Dichtkunst jene gewölbte Höh

Der Heitre, wo, wen sie emporhub,

Reines Gefühl der Entzückung athmet.


Auch wenn sie Nacht wird, flieht der Genuss doch nicht

Vor ihren Donnern; feuriger lezt er sich!

Drauf schwebt sie, schöner Bläue nahe

Nachbarin, über dem Regenbogen.


Gesondert sind die Freud', und der Zeitvertreib;

Wie oft auch dieser jene gebehrdete,

Sind unvereinbar, als ob Felsen

Thürmten, ob Kluft, sie zu trennen, sänke.
[29]

Der Gute, welcher mich mit Vergnügen labt,

Ist Nutzenstifter, (Herzen bedürfen auch!)

Und bleibt's, und stiftet fort, wenn Schwätzer,

Die es ihm leugneten, lang, schon stumm sind.


Aus seiner hellen Schale, so scheint's, ergiesst

Sich nur, was heitert, aber er giebt mir mehr:

Auch Seelenstärkung flösst der süsse,

Geistesgesundheit der frische Trunk ein.


Ihr Andern, seyd zu sicher. An luftigem

Gefäd', an Spinweb' hänget der Zeitvertreib.

Es geht, und geht, will auch die Halle.

Reinigen, komt mit der Eul', und feget.


Quelle:
Friedrich Gottlieb Klopstock: Oden, Band 2, Leipzig 1798, S. 27-30.
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Die Serapionsbrüder

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Als Hoffmanns Verleger Reimer ihn 1818 zu einem dritten Erzählzyklus - nach den Fantasie- und den Nachtstücken - animiert, entscheidet sich der Autor, die Sammlung in eine Rahmenhandlung zu kleiden, die seiner Lebenswelt entlehnt ist. In den Jahren von 1814 bis 1818 traf sich E.T.A. Hoffmann regelmäßig mit literarischen Freunden, zu denen u.a. Fouqué und Chamisso gehörten, zu sogenannten Seraphinen-Abenden. Daraus entwickelt er die Serapionsbrüder, die sich gegenseitig als vermeintliche Autoren ihre Erzählungen vortragen und dabei dem serapiontischen Prinzip folgen, jede Form von Nachahmungspoetik und jeden sogenannten Realismus zu unterlassen, sondern allein das im Inneren des Künstlers geschaute Bild durch die Kunst der Poesie der Außenwelt zu zeigen. Der Zyklus enthält unter anderen diese Erzählungen: Rat Krespel, Die Fermate, Der Dichter und der Komponist, Ein Fragment aus dem Leben dreier Freunde, Der Artushof, Die Bergwerke zu Falun, Nußknacker und Mausekönig, Der Kampf der Sänger, Die Automate, Doge und Dogaresse, Meister Martin der Küfner und seine Gesellen, Das fremde Kind, Der unheimliche Gast, Das Fräulein von Scuderi, Spieler-Glück, Der Baron von B., Signor Formica

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