[118] Kourage! Kourage!
Du machst mich ganz schachmatt.
Wer war denn nur der Teufelskerl,
Der dich erfunden hat?
»Mama, ich soll Soldate werd'n,
Mama, da wird nichts draus,
Sie schießen einem im Dunkeln
Wohl gar ein Auge aus.
»Ich soll 'ne Flinte tragen,
Solch feiner Leute Kind![118]
Mama, sie wissen's noch gar nicht,
Was d'Franzosen für Flegel sind.« –
»Mein Thomas! bleib' zu Hause!
Pfui! Blut! ein schlechter Durst.
Ich lass' dir ein Äpfelchen braten
Und kauf' dir 'ne Braunschweiger Wurst.« –
»Fein's Liebchen, ich wollt' Soldat werd'n,
Die Mutter leidet's nicht! –
Da muß ich's lassen bleiben,
's wär' wider die Kindespflicht.« –
»Die Kindespflicht muß weichen,
Zum Kampfe, trauter Thoms!
Sieg' oder stirb fürs Vaterland,
Wie Heldensöhne Roms!« –
»Ich hab ja mein gewisses Brot
Beim Schwefel und bei Kaffee,
Und morgen sollt' die Hochzeit sein,
Und ich soll sterben? – O weh'!
»Wenn die Franzosen nun keinen Spaß verstehn?
Die Kerls sind indiskret! –
Ach, laß sie sich schlagen – wir küssen,
Gib acht, daß es ohne mich geht.« –
»Ei, willst du mein Treuliebster sein,
So zeige dich als Mann,
Denn der versteht das Lieben nicht,
Der nicht auch zuschlagen kann.« –
»Nun! soll's denn sein und muß es sein –
O Welt, wie bist du verkehrt! –
Nun, Mutter, so kauf' mir ein Büchsenrohr,
Ach Gott, und kauf' mir ein Schwert!
»Und kauf' mir ein Pfund Kourage –
Das Geld wend' ich gerne dran –
Und kauf' mir ein großes Rosinenfaß,
In das ich mich kriechen kann.
[119]
»Und packe mich in Baumwolle ein,
Wenn ich marschieren muß,
Dann nehm' ich's mit dem Stärksten auf –
Pautz!! – Gott, da fällt ein Schuß!« –
»Sei außer Angst, mein Söhnchen,
's war nur die Kellerthür! –
Herr Jesus, du wirst ja ganz leichenblaß!
Geschwind, und nimm ein Klystier!«
Und als er wieder zu sich kam,
Zu alter Heldenkraft,
Da nahm er Abschied von der Braut –
Und fraß Lokriziensaft!
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