[53] Graf Brahe. Freiherr von der Schnure. Die Vorigen.
BRAHE. Was gibt es da? Mein Kind!
MALSTRÖM. Ein Irrtum, lieber Oheim, ein Irrtum! Ich hatte meine Muhme aus dem Hause geführt, um ihr eine seltne Nachtblume zu zeigen, die dort am Ufer blüht, ich gehe sie zu pflücken, sie wartet hier, und als ich zurückkomme, sehe ich diesen Herrn sie antreten, sie aufhalten, ich nehme des Herrn zufälliges Vorübergehn für eine unziemliche Absicht, ich übereile mich, ziehe den Degen, werde besiegt und durch Sylva, die dazwischentritt, gerettet.
BRAHE zu Sylva. Liebes Kind, man rettet nicht immer, wenn man zwischen gezückte Degen läuft, wenn auch die Gedichte es immer so darstellen; im gewöhnlichen Leben wird der dritte dabei am ersten totgestochen! Tu mir den Gefallen und merke dir das, denn es könnte mir nur einmal eine Tochter tot gestochen werden, ich habe keine zweite.
SYLVA. Liebes Väterchen, sei nicht böse, ich wußte mir keinen andern Rat.
BRAHE zu Monaldeschi. Und dürfen wir fragen, wer auf diese ritterliche Weise mit uns bekannt geworden ist? Ihn näher ansehend. Ah! –
SCHNURE. Ja, dürfen wir –?
MONALDESCHI. Ihr dürft, was ihr mögt – mein hitziger Gegner da kennt mich schon.
MALSTRÖM. Ich, mein Herr?
SYLVA. Ludolf?
MONALDESCHI. Er nannte mich einen Abenteurer – ich bin zum letzten Male des Nachts am Molo von Neapel spazieren gegangen, der Abendstern glänzte wie hier, das Meer leuchtete wie hier der[53] Mälar, nur der Vesuv rauchte und blitzte noch obenein, statt eines Degenrenkonters traf mich ein Dolchstich, ich ward auf ein Schiff gebracht, ward geheilt, stieg heut' abend zum erstenmal wieder ans Land, strich landessehnsüchtig in der Stadt umher, ließ mich an diese Insel rudern, deren Blumen man mir rühmte, und fand Menschen und Leidenschaften, wie ich sie in Neapel verlassen.
Wenn ich hiermit mein Dasein genügend entschuldigt habe, so empfehle ich wich euch, eure Nachtlust wird kälter, als ich vertrage. Verbeugt sich.
SCHNURE. Ein Abenteurer? Entschuldigen Sie, das ist aber kein Stand –
MONALDESCHI. Doch ein Charakter.
SCHNURE. Erlauben Sie! Ohne anzüglich sein zu wollen, möchte ich bemerken, daß sonst im Durchschnitte just mangelnder Charakter zum Abenteuern führt, und daß wir bäten –
MONALDESCHI. Sind Sie vielleicht bei der Polizei in Stockholm angestellt?
SCHNURE. Monsieur, ich bin der Freiherr von der Schnure, Kämmerling Ihrer Majestät.
BRAHE. Eure Art zu denken und Euch auszudrücken, werter Herr, ist für diese nördliche Gegend etwas schnell, und Ihr werdet oft zu verzeihen haben, daß man Euch nicht Schritt hält oder Euch im Wege herumtritt. Es wird uns freuen, wenn wir Euch zum Verständnisse der Landessitten behilflich sein können; jedenfalls sei meines Danks versichert, daß Ihr in der Hitze des Gefechts mein Kind respektiert, meinen Neffen geschont habt.
MONALDESCHI. Ich danke Euch, Herr, daß Ihr so freundlich danket und zurechtweiset. Man hört einen Kanonenschuß. Was bedeutet der Kanonenschuß?
BRAHE. In einer Viertelstunde werden die Tore des königlichen Palastes geschlossen; dies Signal ruft die zerstreuten Schloßbewohner heim.
Monaldeschi dankt mit einer Verbeugung, und geht ab, nach dem Kahne hinunter, woher er gekommen.
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