18. [780] Apelles mahlet ab die Calumniam oder Verleumdung.

Der weitberühmte Kunst-Mahler / Apelles, ward aus Neid vom Antiphilo, einem andern Mahler / beym Egyptischen König Ptolemæo heimlich angegeben /als wäre er ihm treuloß / und hätte neben Theodora, dem Hauptmann zu Tyro / den er noch nie gesehen /wider ihn Aufruhr angerichtet. Weil aber der Apelles sich nie konte mündlich verantworten / that ers durch seine Kunst / und mahlete einen König auf einem schönen Stuel sitzende / mit weit geöffneten Ohren /damit er den Verleumdern gern zuhöre: Hinter ihm stund Ignorantia, Jungfrau Unwissenheit / dieweil der König so bald der Lügen ohne Erkundigung des gewissen Grundes geglaubet: Für dem König stund Suspicio, Argwohn / der er die Hand both / anzuzeigen /daß er aus blossem Muthmassen den Beklagten verdamme. Zum König trat Calumnia, die Verleumdung / in Gestalt eines sehr schönen Weibes / die hatte in einer Hand eine brennende Fackel / damit sie leichtlich das Zorn-Feuer anzünden kan; und mit der andern schleppte sie einen unschuldigen wolverdienten[780] Mann mit den Haaren für des Königes Thron / und verhetzte mit allerhand falscher Auflage den König wider ihn. Dieser folgete auf dem Fuß nach Schwester Invidia, oder Abgunst / anzudeuten / daß ihm bey dem Könige dieß Unglück aus blossem Neid zugerichtet. Hinter dieser kam geschlichen Fraus, Betrug / denn die Verleumder bringen ihre Lügen für mit scheinbaren Worten / damit zu betriegen. Auf der Seite stund Tristitia, die Traurigkeit / denn es thut weh / wann einer fälschlich angeklagt / sich nicht darff verantworten. Von ferne folgte Veritas, die Wahrheit / welche doch endlich die Unschuld an den Tag bringet / und die Verleumder zu schanden macht. Zuletzt zog hernach Pœnitentia, Reue / die nicht aussen bleibet / doch offt langsam kömmt / wenn der Unschuldige schon in grosse Gefahr gerathen ist.


Das mag wol heissen? Die Verleumdung mit lebendigen Farben abmahlen.

Quelle:
Lauremberg, Peter: Neue und vermehrte Acerra philologica, Das ist: Sieben Hundert auserlesene, nützliche, lustige und denckwürdige Historien und Discursen, aus den berühmtesten griechischen und lateinischen Scribenten zusammengetragen [...], Frankfurt am Main, Leipzig, 1717, S. 780-781.
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