54.

Die H. Schrifft, der beste Schatz

[259] Wo eure göldne Frucht, Hesperides, ietzt stehet,

Wo wer, Alcinous, in deinen Garten gehet,

Wo Argo und sein Held nach Gold in Colchos schifft,

Weiß keinen ich, der ietzt dahin die Wege trifft.

Was Pelops, Attalus, was Crœsus schwangre Kasten

Von Golde, Geld und Gut für Zeiten in sich fasten,

Nützt nur so viel, daß der, der gar zu viel drauff denckt,

Den Leib gemein an Baum, die Seel an Nagel henckt.

Deß Tagus reicher Sand, Pactolus göldnes flissen

Bringt mehres uns nicht ein, als daß davon wir wissen;

Was sonst die reiche Welt in ihrem Busem hält,

Ist irrdisch-schweres Gut, kümmt, bleibt, geht mit der Welt.

Ein iedes ist doch Wind, Rauch, Schaten, Schlaf und Träume;

Die Zeit reist alles hin, sie leidet keine Zäume;

Was kummen war, das geht; was ist, das bleibet nicht;

Der Abend läugnet offt, was vor der Tag verspricht.

Drum weg, nur immer weg mit diesen Nichtigkeiten!

Mit diesem armen Gut und diesen runden Zeiten

Deß taumelnden Gelücks! nur weg, du gelber Koth,

Der alle Welt befleckt, erwecket alle Noth!

Was beßres ist mir kund, war werthers ist zu finden,

Darauff sich meine Seel in Nöthen starck kan gründen,

Dem alle Welt nicht gleicht, für dem, was gilt, nicht gilt,

Daß hier die Erd erhält und dort den Himmel völlt.[259]

Ich weiß den edlen Grund, ich weiß den theuren Garten,

Ich weiß die göldne Frucht, ich weiß die reichen Fahrten,

Da was man darff, man hollt; ich weiß das schöne Geld,

Das unsren Leib für Noth, für Tod die Seel erhält.

Ich weiß daß frische Quall, drauß göldne Ströme flissen,

Die unsren Sinn und Hertz mit Freud und Trost begissen;

Ich weiß das reine Gold, dem Zeit nicht schaden thut,

Daß schmeltzen auch nicht wird deß letzten Tages Glut.

Dein Wort, dein Wort, o HErr! gilt mir für alle Schätze;

Dein Wort, HErr, ist das Gold, damit ich mich ergetze;

Dein Wort, HErr, ist mein Gut, drauff meine Seele traut,

Drauff sich mein Mut gesetzt, drauff sich mein Leben baut.

Daß ich, der ich bin, bin, und daß ich nachmals werde

Deß Lebens durch den Tod, deß Himmels von der Erde,

Macht alles, HErr, dein Wort. Dein Wort und deine Hold

Deckt meine Mängel zu, vertilget meine Schuld;

Dein Wort ist meine Krafft: ich darff nicht unter liegen;

Ich darff mich keinem Glück an seine Füsse biegen.

Dein Wort is meine Macht, Helm, Harnisch, Schwerdt und Schild,

Darwider Teuffel, Welt, Tod, Sünde, Fleisch nicht gilt;

Dein Wort ist meine Freud auch mitten in dem Leiden;

Dein Wort ist auch mein Heil, wann Leib und Seele scheiden;

Dein Wort nimmt mich der Welt und bringt mich auß der Noth,

Schenckt mir die Ewigkeit, gibt mir dich, dir mich, Gott!

Quelle:
Friedrich von Logau: Sämmtliche Sinngedichte, Tübingen 1872, S. 259-260.
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