201.

Glückwuntsch an eine fürstliche Person über geschlossenem Friede

[437] An von der Zeit, da das Heil

Uns durch Christum ward zu theil,[437]

Hatte gleich den Bilder-Bogen

Und der zwölffer Thiere Zahl

Titan rüstig durchgezogen

Sechzehn hundert sechzen mal,

Herr und Fürst, da unsrer Welt

Euch der Herren Herr gestellt.

Zweymal drüber war die Sonne

Durchgereiset diese Bahn,

Als Alecto Zunder sponne,

Drauß der lange Krieg entbran.

Herr, ihr dencket nicht ein Jahr,

Drinnen freyer Friede war!

Weil ihr dieses Liecht genussen,

Weil ihr diesen Hut besitzt,

Hat die Oder roth geflussen;

Denn das Land hat Blut geschwitzt.

Eurer Einkunfft bestes war

Treu bey untergebner Schaar;

Liebe habt ihr außgegeben;

Liebe namt ihr wieder ein.

Eure Sorge halff uns leben,

Würden sonsten wenig seyn.

Denn was ietzund noch sind wir,

Euch habt billich dieses Ihr.

Was wol sonst für viel ermüden

Steht Regenten zum Genieß,

Dieses fraß der Wider-Frieden,

Daß er wenig übrig ließ.

Frevel, Boßheit, Tölpeley,

Hoffart, Neyd, Trug, Schinderey

Hat sich offt an Euch gerieben;

Den die Säu vor hörten nicht,

Wann er sie Stall-ein getrieben,

Der hat Fürsten ietzt vernicht.

Denn es gieng ein loser Mann

Offters einen beßren an;[438]

Welcher unsrer Väter Hunden

Fürzustehen nichtig war,

Dieser hat sich unterwunden,

Thron zu meistern und Altar.

Gott in Euch und Ihr in Gott

Waret mehr als Drang und Spott;

Eure Brust voll Himmels-Sinnen

Lachte, wann ein kotig Wurm

Eures Geistes hohen Zinnen

Bote spöttisch einen Sturm.

Weil an Gott rechtschaffen war

Euer Hertz nur immerdar,

Hat es künnen frey gebitten,

Von dem Himmel stets gestärckt,

Dieser Zeiten wildem Wüten,

Daß es immer Ruh gemerckt.

Felsen, die mit Meer und Wind

Täglich gleich zu Felde sind,

Künnen täglich dennoch siegen;

Zuversicht, auff Gott gesetzt,

Ward von keinem unten-liegen

Ie bestritten, ie verletzt.

Gott sey Danck! Ihr seyd durch hin;

Seht nun traurig abeziehn

Das verruchte Raub-Geschmeisse,

Welches unsrer Wolfahrt Graß,

Und was wuchs von unsrem Schweisse,

Geitzig immer abe fraß.

Gott sey danck! deß Friedens-Thau

Feuchtet wieder unser Au,

Die deß Krieges-Brunst besenget,

Daß sich wieder frischer Safft

In die dürre Wurtzel menget

Und zum wachsen gibet Krafft.

Gott sey danck! sein Feuer-Heerd

Wird wievor nicht umgekehrt;

Seine Diener, seine Lieben,

Die für Drang, Zwang, Pein und Schmach[439]

Endlich mehr kaum kunten giben,

Hoffen Lufft und mehr Gemach.

Fürsten werden Fürsten seyn;

Praler müssen legen ein.

Ehre darff nicht mehr der Schande

Wie bißher zu Hofe gehn;

Haupt wird in deß Hauptes-Stande,

Fuß wird zu den Füssen stehn.

Satzung, Ordnung, Gleich und Recht

Bleibt nicht mehr der Boßheit Knecht;

Diebe werden wieder hangen

Fest an Hanff und hoch an Holtz,

Nicht in göldnen Ketten prangen,

Arg im Sinn und frech an Stoltz.

Der dem Pfluge vor entlieff,

Bauren in den Beutel grieff

Und bey fremdem Tische schmauste,

Wird nun wieder mussen hin,

Wo die Krä dem Schweine lauste,

Ochsen her für Flegeln ziehn.

Unser ungesparter Fleiß,

Unser ungescheuter Schweiß

Wird uns ja was wieder nützen,

Daß wir nicht für raubrisch Maul

Wie bißher so bitter schwitzen

Und ernehren fremdes Faul.

Gott sey Danck! der Zornes Brunst

Hat gekehrt in Güt und Gunst,

Der verleyh uns wahres büssen,

Daß wir Argen Gutes thun,

Lange diesen Schatz geniessen

Und beständig mögen ruhn!

Herr, das jüngst-verfloßne Jahr

Zeigte das, was noch nicht war,

Da sich Friede, Ruh, vergnügen

In der Armen warmes Band,

Wie Ihrs nimmer wüntschen mügen,

Euch von Strelitz her sich fand.[440]

Da empfinget Ihr voran

Alles, was der Friede kan;

Diesen Außbund aller Gaben,

Diese wehrte, kleine Welt

Schaut ihr reichlich in sich haben

Mehr noch, als die grosse helt.

Weil ihr Friede nie gehabt,

Seyd Ihr desto mehr begabt:

Euer Hertz ist voll vergnügen;

Innen ist und aussen Ruh;

Kümt nur bald dazu das Wiegen,

Ist des Glückes Circkel zu.

Auch für dieses Friedens Zier

Sey dir Danck, Gott, für und für!

Gib, das dieser duple Friede

Mög in steter Güte stehn,

Biß die Welt und Ihr seyd müde

Und wollt selbst zu Bette gehn!

Quelle:
Friedrich von Logau: Sämmtliche Sinngedichte, Tübingen 1872, S. 437-441.
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Die tapfere Wahrheit. Sinngedichte. Insel-Bücherei Nr. 614
Sinngedichte / Von Logau, Friedrich (German Edition)

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