Schweigen

[218] Geh still, geh still durchs Leben hin!

Geräusch wohnt nur im Hohlen, Leeren,

Und nie wird edler Mannessinn

Sich durch Trompetenschall entehren.

Schließt deines lautern Wortes Gold

Den Demant des Gedankens ein,

So sei die Sparsamkeit ihm hold

Und lasse es nicht billig sein.


Sei still, wenn deine Eigenart

Jetzt noch nicht Anerkennung findet.

Du weißt ja, wer die Kränze spart

Und wem die Nachwelt einst sie windet.

Vor Allem dann sei still, ganz still,

Und geh nicht ein auf niedern Zwist,

Wenn dich der Neid befeinden will,

Weil du ihm überlegen bist.[218]


Siehst du dich deines Ziels bewußt

Und weißts auf gutem Grunde stehen,

So ist es für dich kein Verlust,

Den Weg allein und still zu gehen.

Steig weiter nur, bergan, bergan,

Wie deine ernste Pflicht es will,

Und da man dir nicht folgen kann,

Wirds ganz von selbst da unten still.[219]


Quelle:
Himmelsgedanken. Gedichte von Karl May. Freiburg i.Br. (1900), S. 218-220.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Himmelsgedanken
Himmelsgedanken. Gedichte
Himmelsgedanken. Gedichte von Karl May