XLVI
Schweizer und Landsknechte

[425] Heut hat man mit Soldaten mir getischt.

Ein ungebunden Volk. Mich hat's erfrischt.


Päpstler und Ketzer saßen im Verein

Bei unsrer lieben Frauen Klosterwein.


Sie kamen eben braun und beuteschwer

Bergüber aus der welschen Sonne her.
[425]

Gleich frug ich einen, der ein Pflaster trug:

Bekenn, daß dich ein frommer Landsknecht schlug!


Unsinn, daß ihr euch täglich reizt und rauft,

Landsknecht und Schweizer, beide deutsch getauft!


– »Warum, Herr Ritter, ich vom Leder zog?

Weil Heini Wolleb mein Gefühl betrog.


Zum Imbiß saßen unser zwanzig da

In den ›Drei Königen‹ von Mantua.


Rings Pfuhl und Wall. Das Fieber hauchte schwül.

Am Seelisberge, dacht ich, weht es kühl.


Da brüllt's. Ein langgezogen ehrlich Muh.

Mich denkt's der braunen Lisli, unsrer Kuh.


Und wieder brüllt's. Nun kommt mir in den Sinn

Die andre Lisli auch, die Melkerin.


Zum dritten muht's. Aufblickt der Ürnersee,

Scharf blitzt am Himmel ein Gezack von Schnee.


Mir tropft das Aug. Da lacht der Jauch: ›Du Stier,

Ein Landsknecht brüllt. Kein Rindlein graset hier.‹


Ich fuhr empor: ›Bei meinem Eid und Schwur!

So täuschend muht der Heini Wolleb nur!‹


Ins Freie rannt ich. Um die Ecke strich

Der Heini grinsend und verhöhnte mich.


›Steh, Heinz!‹ Er stand und ehrlich fochten wir,

Wie Zeugnis gibt das schwarze Pflaster hier.


In sumpf'gem Mantovanerboden ruht

Der Heini, der so trefflich hat gemuht.


Ehrbarer Ritter, reichet mir die Hand,

Und wäre sie geächtet und gebannt!
[426]

Hier haust Ihr ungekränkt im Firnelicht,

Nur muhet, Herr, auf Eurer Insel nicht!«5

5

Das Muhen, womit der Landsknecht den Schweizer verspottete, hat in jenen Tagen viel Blut gekostet.

Quelle:
Conrad Ferdinand Meyer: Sämtliche Werke in zwei Bänden. Band 2, München 1968, S. 425-427.
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