[12] Blutroter Dampf ...
Rossegestampf ...
»Keine Szenen gemacht!
Es harren
und scharren
die Rosse der Nacht.«
Ein lautloser Schatte,
über Wiese und Matte
empor durch den Tann,
das Geistergespann ...
Auf hartem Granit
der fliegende Huf ...
Fallender Wasser
anhebender Ruf ...
Kältendes Hauchen ...
Wir tauchen
in neblige Dämpfe ...
Donnernde Kämpfe
stürzender Wogen
um uns.
Da hinauf
der Hufe Horn!
In die stäubende Schwemme,
hoch über den Zorn[13]
sich sträubender Kämme
empor, empor!
Aus klaffenden Wunden
speit der Berg
sein Blut gegen euch.
Mit Wellenhunden
fällt euch an
der Haß der Höhe
wider das Tal.
Aber ihr fliegt,
blutbespritzt,
unbesiegt,
empor, empor.
Vor euch noch Farben
verzuckenden Lebens,
auf grünlichem Grau
verrötender Schaum;
hinter euch
Schwarz und Silber,
die Farben des Todes.
Ein Schleier,
an eure Mähnen geknüpft,
schleppt
geisterhaft nach.
[14]
Wie ein Busentuch
zieht ihr hinauf ihn
über des Bergs
zerrissene Brust.
Müde sprang sich
der Sturzbach.
Nur mit den Lippen
wehrt er sich noch.
Und bald
wird er zum Kind
und hängt sich selber
spielend an eure Schweife.
Weiter! weiter!
Da!
Winkende Gipfel
im Sicheldämmer!
Langsamer traben
die Rosse der Nacht.
Heilige Sterne
grüßen mich traut.
Ewige Weiten
atmen mich an.
Langsamer traben[15]
die Rosse der Nacht,
gehen,
zögern,
stehen still.
Alles liegt nun
florumwoben.
Schlaf umschmiegt nun
Unten, Oben.
Nur die fernen
Fälle toben.
Leise Geisterhände
tragen
mich vom Wagen
in des Schlummers
Traumgelände.
Aller Notdurft,
alles Kummers
ganz befreit,
fühle ich ein höhres Sein
mich durchweben.
Wird die tiefe Einsamkeit
mir auf alles Antwort geben?
Buchempfehlung
Ein reicher Mann aus Haßlau hat sein verklausuliertes Testament mit aberwitzigen Auflagen für die Erben versehen. Mindestens eine Träne muss dem Verstorbenen nachgeweint werden, gemeinsame Wohnung soll bezogen werden und so unterschiedliche Berufe wie der des Klavierstimmers, Gärtner und Pfarrers müssen erfolgreich ausgeübt werden, bevor die Erben an den begehrten Nachlass kommen.
386 Seiten, 11.80 Euro
Buchempfehlung
Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Michael Holzinger hat sechs eindrucksvolle Erzählungen von wütenden, jungen Männern des 18. Jahrhunderts ausgewählt.
468 Seiten, 19.80 Euro