Zweite Scene.

[62] Droll. Knaut. Ein dänischer Ritter von zwei Knappen begleitet.


RITTER.

Ist hier die Bucht, wo Boote können landen?

DROLL.

Ja, Herr.

RITTER.

Seid ihr seekund'ge Lootsen?

DROLL.

Nu,

Ich lob' mich nicht, indeß man hat sie dümmer.

RITTER.

Ein dänisch Schiff scheint in Gefahr, zu stranden,

Es setzt die Boot' aus – wollt ihr helfen?

DROLL.

Du!

Was meinst du, Knaut?

KNAUT.

Die See geht noch zu hoch.[63]

RITTER.

Es ist das Hauptschiff.

DROLL.

Oh, deßhalb kann's doch

Zu Grund gehn, wie ein andres. 's prasselt besser,

Das ist der Unterschied.

RITTER.

Ein Geldsack, größer

Als ihr, ist zu verdienen hier. Die Königin

Brunhild', und Oskar, euer rechter König,

Befinden sich am Bord.

DROLL.

Knaut, woll'n wir hin?

Dergleichen Fische hat die See hier wenig.

KNAUT.

Möcht' sie behalten; Einer ist zuviel,

Wo's irgend zwei im Lande giebt. Indessen –

's ist mit den Klippen hier kein Kinderspiel,

Und Fische sollen keine Kön'ge fressen.

Will da 'mal 'rauf sehn, thut es ernstlich Noth,

So rudr' ich hin, und steur' es her, das Boot.


[64] Er legt sein Geräth bei Seite, und steigt gemächlich auf einen der Felsen im Hintergrunde.


DROLL.

Sagt 'mal, Herr Dän', ihr seid ja wohl zu Lande

In's Land gekommen?

RITTER.

Ja, von Ostland her.

DROLL.

Macht' euch das Yngurd nicht ein wenig schwer?

RITTER.

Er ist geflohn mit seinem Söldnerheer,

Wir zogen links und sind nun Herr'n vom Strande.

DROLL.

Geflohn? Der Yngurd? Seht 'mal an; das wär!

Sonst nicht sein Fach.

RITTER.

Er mußte wohl; wir sind

Ihm zwiefach überlegen, und Brunhilde

Bringt auf den Schiffen noch zehntausend Schilde

Die meistens schon auf's Trockne sind gebracht[65]

DROLL.

Die führt die Flotte? Schaut! Ja, die ist von der Gilde,

Wer's recht kann, schilt im Sieb, und reitet auf dem Wind.

Wann wird's denn losgehn?

RITTER.

Was?

DROLL.

Ei nu, die Schlacht.

RITTER.

Wird keine geben.

DROLL.

Schaut 'mal! Hätt' gedacht,

Wenn ihr gewinnen wollt, so müßt ihr doch auch setzen?

RITTER.

Der Bauerkönig ist in uns'ren Netzen,

Wir sind schon näher seinem Sitz, als er,

Und wenn seit gestern Abend nicht das Meer

So bärbös war, daß man nicht konnte landen,

So war Brunhilde dort, eh Irma aufgestanden.[66]

KNAUT ruft von der Höhe.

Hört 'mal, da unten! 's steht nicht gut um's Schiff.

RITTER.

Was giebt's?

KNAUT.

Der Kiel sitzt fest auf einem Riff.

RITTER zu Einem der Knappen.

Eil', sag's dem Alf! – Was siehst du von der Höhe?

KNAUT.

Nothzeichen, allerlei, die ohne Noth

Die Angst macht.

RITTER.

Ohne Noth?

KNAUT.

Will so viel sagen,

Daß man die Noth auch ohne eichen sähe.

Das wimmelt, drängt und springt und stürzt in's Boot,[67]

Daß man die Beine sieht gen Himmel ragen.


Droll ist inzwischen, mit einem Horn versehen, auf den zweiten Felsen gestiegen und bläst Rothlärm, während Knaut von der Höhe verschwindet.


RITTER.

Was blast ihr denn, als wolltet ihr den Wölfen

Im Wald weiß machen, hier sei ihres Gleichen?

DROLL.

Ist für die Fischleut' hier herum ein Zeichen,

Daß was passirt, wobei sie sollen helfen.


Er bläst stärker.


RITTER.

Gut! – aber gräßlich klingt's, wie Feuerlärm.

DROLL.

's ist Wasserlärm.


Er bläst noch stärker in abgesetzten Stößen. Andere Rothhörner antworten aus der Ferne.


Hört ihr? 's thut seine Dinge

Die Küst' entlang. So'n Ton dringt in's Gedärm.

Wart, Knaut, ich fahre mit! – Wenn ich was bringe,

So bleibt' beim Geldsack.


[68] Er verschwindet von der Höhe. Das Blasen dauert noch während der folgenden Scene fort, und verliert sich endlich in der Ferne.


RITTER zu dem zweiten Knappen.

Steige dort hinan,

Und gieb Bericht, ich seh den König nahn.


Der Knappe besteigt den Felsen.


Quelle:
Adolph Müllner: Dramatische Werke. Band 3, Braunschweig 1828, S. 62-69.
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