Ahnung

[99] Sollte nicht der Seele Frieden

Untergeh'n in Qual und Pein,

Mußte unser Bund geschieden

Und für stets gelöset sein.


Als der Kampf nun ausgerungen,

Und getroffen war die Wahl,

Hieltst du schweigend mich umschlungen,

Scheidend, noch zum letzten Mal.


Und von deinem Arm umschlossen

Hab die Thräne ich gefühlt,

Die, aus deinem Aug' geflossen,

Meine heiße Stirn gekühlt.
[100]

Träum'risch falt' ich jetzt die Hände,

Fragend: war die Thräne licht,

Deiner Liebe letzte Spende,

Meine letzte Oelung nicht?

Quelle:
Betty Paoli: Gedichte. Pest; Leipzig 21845, S. 99-101.
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