|
[91] Wie/ wenn die sonn in'n Wider trit/
Vnd bringet vns den lentzen mit/
Die zeit/ die vns erfrewet/
So kömmet laub vnd graß herfür
Vnd macht vns auff der liebe thür
Die alle ding' ernewet.
Also/ viel-tugendsame braut
Werdt jhr nu wieder-anvertrawt
Als eine klare sonne/
Dem Wider/ der ewr früling ist/
Der ohn' euch seiner selbst vergisst/
Jhr seine frewd vnd wonne.
Das macht die süsse liebe nur/
Die amm' vnd mutter der natur/
Die vrsach' aller sachen/
Die noch/ so lang' es jhr gefällt/
Den grossen baw/ die welt erhält
Für jhrem fall' vnd krachen.
Denn/ allem was die schöne welt/
In jhren armen in sich hält/
Als gluth/ fluth/ lufft vnd erde/
Vnd allem/ was daraus gemacht/
Ist liebes samen bey gebracht/
Damit's erhalten werde.
Man siehet/ wie das blawe rund
Thut gleichsam seine liebe kund
(Nicht ohne frucht) der erden/
Die göldne sonne leyht jhr haar
Dem silber-mone/ das er klar
Vnd liechte möge werden.
Die sterne schmücken auß die nacht/
Die Iris ist darauff bedacht/
Wie sie mit jhrem regen
Der Ceres könne nütze seyn/
Die Ceres bringet gersten ein/
Des Bachi durst zu legen.
Der Zephyrus/ der wird auch nu
Der Floren lieblich sprechen-zu/
Vnd kleiden seine docke/
Vor grosser lieb' in grün in gehl/
In weiss/ in roth/ ohn' allen fehl/
Mit einem bunten rocke.
Die leichten vögel in der höh'
Vnd alles was die weite see
In sich begreifft/ muss lieben:
Man sieht wol/ daß der erdenkreiß
Fast nicht ein thier trägt/ daß nicht weiss/
Von lieb' vnd lieben üben.
Das macht die liebe die an itzt
Herr bräutigam euch hat erhitzt/
Vnd euch so weit getrieben/
Das jhr durch solches angetrieb/
Ewr ander Ich/ ewr süsses lieb/
Von hertzen müsset lieben.
Jhr müsset jhr/ vnd sie muss euch/
In gleicher liebe werden gleich/
Eins muss dem andern gleichen/
Denn/ kann auch eines/ wie es soll/
Dem andern/ als denn recht vnd wol/
In bilgen sachen weichen.
Wolan/ herr Wider frewet euch/
Ewr edle sonn' ernewet euch
Durch jhre krafft vnd tugend/
Sie bringet euch viel frewd vnd ruh/
Sie wendt-euch Gottes segen-zu/
Im früling' ewrer jugend.
Ewr früling kömmet nun herzu/
Mit lieb' vnd lust/ mit frewd' vnd ruh/
Mit fruchtbarkeit vnd wonne.
Ewr früling kömmt/ bekennt ein jeder/
Die sonne tritt heutt' in den Wider
Der Wider in die sonne.
Buchempfehlung
Das chinesische Lebensbuch über das Geheimnis der Goldenen Blüte wird seit dem achten Jahrhundert mündlich überliefert. Diese Ausgabe folgt der Übersetzung von Richard Wilhelm.
50 Seiten, 3.80 Euro
Buchempfehlung
Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Nach den erfolgreichen beiden ersten Bänden hat Michael Holzinger sieben weitere Meistererzählungen der Romantik zu einen dritten Band zusammengefasst.
456 Seiten, 16.80 Euro