Rübezahl wird ein Rattenfänger.

[37] Man lieset / daß vor weilen zu Hameln ein Mäusefänger sich angegeben / den Leuten Pulffer verkaufft /und das Ungezieffer aus der Stadt gebannet habe. Auff diesen Schlag soll auch der Rübezahl in Mähren es versucht haben; Nemlich / er hat den Leuten auch eingebildet / wie er ein besonders Pulver habe für die Ratten / damit wolte er alles Ungeziefer ausrotten. Was geschicht? Die Leute messen ihm Glauben zu /geben ihm viel Geld zulösen / legen das Pulver in ihre Behausungen hin / und befinden / in dem der unerkante Rübezahl noch bey ihm gewesen / daß unmässige Mäuse und Ratten darbey todt liegend ereignet haben; Darauff sie denn solches Ungeziefer /) wie es Rübezahl ausdrücklich gebothen: In dem hierdurch die gäntzliche Ausrottung aller Ratten / und Bemausung aller Mäuse gewißlich[38] handen wäre:) alles gesamlet /und auff einen Hauffen mitten auff dem Marckt zusammen getragen haben / und nach etlichen Tagen /wie der Rübezahl sich aus dem Staube gemacht hatte / mit Feuer zu verbrennen gesonnen gewesen seyn. Da seynd den verblendeten Leuten erstlich die Augen geöffnet worden / daß solche Mäuse nichts anders als kleine Erdklösser / runde Stücklein Holtz / Steine /und ander betrügliches Werck gewesen; Welches sie sämtlich auff dem Marckte / bey den vermeinten Mäusehauffen versamlet gesehen / und sich darüber entlich geschämet haben. Ja es geben auch noch wohl andere gar dieses für / daß der Mauseköpffigte Rübezahl sich im selbe Zeit über den Hauffen / in Gestalt eines Bischoffs von Maintz Hattonis, præsentiret habe / und theils im schweben / theils im überwegfliegen grausamlich gelachet / und die anwesende Rotte über die falschen Ratten / verspottet und schabernacket habe. Noch[39] andern wollen den Außgang dieser Historie so vorbringen: Daß der Rübezahl umb ein gewisses Geld alle Ratten und Mäuse aus der Stadt weg zu partieren versprochen habe / Darauff es auch soll geschehen seyn / daß aus allen Winckeln und Ecken das Ungezieffer so häuffig zu ihm gelauffen sey / an ihm hinan gekrochen / und mitten auff dem Marckte / da es soll geschehen seyn / und dichte besetzet / oder mit sich gleichsam umb und umb verposamentiret haben; Darbey soll allgemählig der Rübezahl immer mehr und mehr gewachsen seyn / damit die Mäuse gleichsam alle an ihm Raum finden / oder sich eintzeln an ihn setzen könten / biß er endlich zu einem sehr grossen und hohen Thurm geworden / da er auch von den Fußsohlen an biß zum Halse hinauff allenthalben dichte voll Mäuse und Ratten gehenget /und nur den blossen Kopff frey gehabt. Wie er nunmehr also alles Ungezieffer angepackt gehabt / da soll er damit[40] fortgewandert seyn / und sich ausserhalb der Stadt (wie ist er aber zum Thore hinaus gekommen? Resp. Da siehe du zu / O Door! Vielleicht ist es daher ergangen / wie mit dem Trojanischē Pferde: Wiewol es auch kan geschehen seyn / daß er mit seinen nunmehr langen Stampen über die Thor hingeschritten hat; Aber fein sachte (damit ja keine Maus verzettelt worden /) begeben haben / und allda verschwunden seyn. Zum Wahrzeichen soll noch heutiges Tages im selbigen Städtgen der jenige Marckt der Mäusemarckt heissen / wie er bey uns der Naschmarckt genennet wird. Im übrigen / was diesen Außgang der Geschichte betrifft / so vermeine ich / daß es gantz eine besondere und andere / als die vorige / Begebnüsse sey.

Quelle:
Praetorius, Johannes: Des Rübezahls Anderen, und ganz frischer historischer Theil. Leipzig, Arnstadt 1671, S. 37-41.
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