Rübezahl ist ein Seeman.

[45] Ein unbillicher Schöffer hatte vor vielen Jahren von einem nothdürfftigen und armen Manne etliche Scheffel seines Geträydes zur Außpfendung[45] wegnehmen lassen / in willens solches auff seinen Acker zu streuen / dazu er aber einen neuen Knecht bedurfft gehabt hat / weil der vorige gleich entlauffen gewesen. Was geschicht? Der Rübezahl als ein heimlicher Rächere giebt sich für einen verständigen Knecht aus / stellet sich in vielen untergebenen Geschäfften getreu und fleissig / und überkommet auch also das Korn vom Schösser auff dessen Acker zu säen. Immittelst bringt er aber das anvertrauete Getrayde dem nothleidenden Manne wieder hin / welchem es vorher geraubet war: Hingegen aber gebrauchet er sich allerhand Unkrauts Saamen / und bestreuet damit die begehrten Gründe oder Aecker: Kehret zu seinem Herrn dem Schösser /wie recht / verrichtete mehr Arbeit / und hielt sein versprochenes halb Jahr im Dienste aus / nach welchem er gleichsam / als ein getreuer Diener / seinen rechtmässigen Abschied begehrte und erlangte. Hierauff nahete es sich auch endlich[46] zu solcher Zeit hin /da das Korn hervor kömpt / wächset und reiffet /siehe: Da hat der Schösser lauter Disteln zu erndten /und keinen guten Kornhalm zu erwarten. Ey / wie bestand allhier der geitzige Matz? Wie Butter an der Sonnen: In seinem Kopffe war es nicht anders beschaffen / als dz er trefflich schön Geträyde vom Acker wolte nehmen lassen: Aber GOtt hatte durch den Rübezahl die vergelblichen Gedancken in folgende Antwort verzehret: Dorn und Disteln soll er dir tragen / es mag dir Hudler behagen / oder nicht / so muß ich es dir doch sagē / dich mit dieser Straffe plagen /dein Gewissen nagen / und dir ein verdientes Haus-Creutz schlagen.

Quelle:
Praetorius, Johannes: Des Rübezahls Anderen, und ganz frischer historischer Theil. Leipzig, Arnstadt 1671, S. 45-47.
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