Rübezahl verkehret seine Handschrifft.

[69] Ein unbillicher Wucherer brachte in ein bekanntes Städtgen ein Fuder Korn gefahren / welches er mitten auff dem Marckte zu kauffen stellete; Hiezu kam der Rübezahl gegangen / gab sich für einen Raths-Herrn aus / und handelte das Korn an sich / ließ es auch in sein Haus fahren / unn zahlete dem Verkäuffer etwas Geld drauff; vor das übrige wurden sie eins / daß der Raths Herr auff eine gewisse und benahmte Zeit zahlen wolte / mit einer verfertigten Handschrifft / die er überreichete / und in gegenwart noch anderer Personen vom Verkäuffer verlesen ließ / und mit nach Hause gab. Was geschicht? Wie die Zeit verlauffen war / da kömpt der Kornhändler mit seiner Handschrifft auffgezogen / und that Ansuchung wegen des gestundeten Geldes; Hierzu sprach der Raths Herr: Ja / was die[70] Handschrifft vermag / so ihr bey euch habet / leset sie wieder ab: Siehe da war die Sache gantz verkehrt / und kam dieses heraus / daß sich der Verkäuffer anmeldete / als were er dem Raths Herrn 40. Thaler schuldig / die er itzt zahlen müste / und gerne wolte. Hierüber erschrack der Geldgeitzige Wucherer / doch muste er / weil er sich mit seinen eigenen Wörtern geschlagen und gefangen hatte / die Zahlung leisten / sich gewonnen geben / und eine würckliche Busse thun / wegen seines Schindens und Schabens /so er an andere unnützigere außgeübet gehabt.

Quelle:
Praetorius, Johannes: Des Rübezahls Anderen, und ganz frischer historischer Theil. Leipzig, Arnstadt 1671, S. 69-71.
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