Rübezahl gastiret Leute.

[101] Es hat mir der Breßlauer Bote erzehlet / daß einsmahls unterschiedliche vornehme frembde Herren über das Gebürge gereiset wären / und endlich Verlangen zur Herberge getragen hätten / indeme es übel Wetter gewesen / und sie auch einen Labsal von Nöthen gehabt hätten. Hierüber soll es sich begeben[101] haben / daß sie in der nähe ein herrliches palatium erblicket hätten / darnach sie hingefahren / und eingekehret wären. Es hat aber der verstellete Rübezahl als ein. Gastgeber sich gegen die hieran nahenden Herren sehr dienstfertig und geschäfftig erzeiget / hat durch eine Köchin und etliche Knechte schöne Essen lassen aufftragen / und köstliches Geträncke hervorgebracht. Weiter hat er es auch nicht ermangeln lassen an kostbaremm Nachtisch oder Confect / Aepffeln / Birn /Mandelkern / Rosinen / etc. von diesem allen haben die hungerigen Gäste sehr viel zu sich genommen /theils das sie in ihren Panschen verschlucket / theils das sie auch in ihren Rantzen bey sich gestecket hatten / biß auff weitern Bescheid; Da sie denn endlich nach verrichteter Mahlzeit und Abfütterung danckbarlich Abschied genommen / und ihres bevorstehenden Weges fortgezogen seyn / biß sie abermahl gegen den Abend in ein neu[102] Wirthshaus eingekehret / und das Nachtlager gehalten haben. Alhier gedencken sie an ihre mitgenommene kalte Küche / und andern köstlichen erkaufften Victualien, lassen ihre Freßsäcke oder Speisekästlein herfür bringen / und auffmachen / da befinden sie / daß es lauter gülden Metall gewesen /wofür ihrer etliche lieber ein Stücke vom gebratenen Westphalischen Osterlamb / das ist / vom Polnischen Ochsen gewünscht hätten / für ihren hungrigen Magen. Und ginge also ihnen / doch wieder begehren / wie dem Midæ, welchem alle angerührte Speisen zu Golde worden seyn / biß er sein præposterum votum, wie etliche sagen / in dem Tago oder Eridano; oder wie ich vermeine / auf dem Schlesischen Gebürge / in ihren Wasserqvellen abgespület hat / daraus der Rübezahl heutiges Tages das seine vielleicht nimbt / und andern zuschantzet.

Quelle:
Praetorius, Johannes: Des Rübezahls Anderen, und ganz frischer historischer Theil. Leipzig, Arnstadt 1671, S. 101-103.
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