Rübezahl verehret einem Studenten einen Stab.

[190] Vor etwan 18. Jahren sollen ein paar arme Studenten über das Gebürge ihre Reise verrichtet haben; und endlich[190] im gehen zu einem fliessenden Wasserbach gerathen seyn / darüber es ihnen unmüglich gedauchte zu kommen / weil er ziemlich breit / und fast tieff geschienen. In deme sie sich nun also bekümmern / und in die Köpffe kratzen / da gerieth der Rübezahl zu sie in eines Wanderers Gestalt / und verehret ihnen einen hüpschen Stock / sprechende: daß sie mit solchem ohne Mühe über alle Wassser könten kommen. Diesen Stecken und Stab nehmen sie an / und thun gleich einen Versuch: Siehe / da kommen sie ohn alle Gefahr in geschwinder Eyl über das Wasser / nach dem sie nur den Stab hinein gesetzt. Hierüber werden sie froh / und halten das Holtzgeschencke sehr hoch / gerathen aber druber endlich in eine Herrberge; da sie solchen Tröster und Scipionen hinter der Thür zur Verwahrung stellen / und den andern Tag / wie sie abscheiden / aus Unbedachtsamkeit vergessen. Wie sie nun den folgenden[191] Morgen fürüber ziehen / da gerathen sie abermahl an einen Sumpff / welchen Rübezahl ihnen zum Possen gemachet hatte: aber da war noth verhanden / wie sie allhier hinüber kommen möchten. Sie versuchens wie sie wollen / und prarticirens auff aller hand Art / so kömpt es ihnen ie länger ie unmüglich für / also daß sie nothwendig bey eine Meilewegs wiederumb zurücke müssen lauffen / und den vergessenen Stab holen. Wie sie den erlanget / und drauff zum Wasser gekommen; sind sie ohn allen Schaden mit schlechter Bemühung hinüber kommen / und haben drauff den Stab ie länger ie lieber gehabt: Biß sie von neuen in ein ander Wirthshaus einkehren / und den folgenden Tag für solchen Stock ein gülden Spanisch Rohr ertappen. Drüber sie noch mehr lustig werden / das Kleinod theilen / und sich mit dem Werth eine lange Zeit durch ihre vorgenommene Reise behelffen / glücklich fortkommen / und[192] ihre Wahlfahrt verrichten. Doch gnug.

Quelle:
Praetorius, Johannes: Des Rübezahls Anderen, und ganz frischer historischer Theil. Leipzig, Arnstadt 1671, S. 190-193.
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