Rübezahl hat einen Kampff mit dem Meer-Könige.

[9] Vor Jahren soll ein schlechter Arbeits-Mann über das Riesen-Gebürge gegangen seyn: Da ihm unterwegens der Rübezahl mit einem Pferde begegnet / und drumb angesprochen hat / daß er mitgehen / das Roß halten /und ihm eine weile dienen solle. Was hat der Mann thun können? Er hat nolens volens mit gemust / und ist der Rübezahl drauff sampt ihme und dem Pferde nach dem einen Teiche hingewandert / welcher unerhört tieff soll seyn / und mit etliche hundert sich nicht mehr gründen[9] läst: Da er ein stilstehends pechschwartzes Wasser hat. Hiebey hat er (der Rübezahl) jenem Manne sein Pferd zu halten anbefohlen; Sprechende: ihr halt mir mein Roß / und bleibt so lange stille damit bestehen / biß auff weiter Bescheid. Nemlich ich hab alhier mit dem Wasser-Könige / der drinne regieret / einen hefftigen Krieg zu führen: Wirstu nun / nach dem ich eine weile vorher hinein gesprungen gewesen / vermerckend / daß etzliche Blutstropffen herauffwerts brudeln; so gedencke / daß die Sache an m einer Seite gut sey / und ich die Oberhand erhalten habe. Derentwegen bleib du so lange behalten /biß ich sieghafftig hervor komme. Wirstu aber sehen /daß etliche Blasen auffstossen / so ist es unklar; Da nimb dieses Roß / und reit so viel und weit du immer kanst / es sol dir nichts wiederfahren / und du solst das Pferd behalten. Hierauff war der Rübezahl ins Wasser hinein gesprungen: Jener aber hatte mittlerweise gedacht / ich[10] wil es doch ja sehen / wo es hinaus wil / und was endlich draus werden möchte: Doch hat es sich eine weil drauff begeben / daß über die See etliche Blutstropffen waren hervor geschwommen /darauff nach kurtzer weile der Rübezahl selber herauß gesprungen sehr blutig / erbosset und grimmig ausgesehen / sprechende: Nun ist auch endlich dieser Feind überwunden / und bin ich also ein General und vollkömlicher Herscher diesen grossen Gebürges. Du aber / nimb vor deine Auffwartung diese Pferdsäpffel in deinen Kober / und gehe damit deines Weges davon: Und in dem hilfft er den Kober auffmachen /den Pferde-Mist miteinander hinein schütten / und läst den Narren mit dem Qvarge davon schleichen; welcher aber aus Unbesonnenheit eine weile hernach den Mist hinweg geworffen / und als ein nichtiges und schändliches Ding aus seinem Kober heraus gestöbert / und damit leer nach Hause gespatzieret ist: Da er aber eigentlicher befunden / wie er solchen[11] seinen Kober zum andernmal visitiret, daß noch viel gediegen Gold hin und wieder an den Seiten behengen blieben: Dadurch er nicht allein ist veranlasset worden /dem Rübezahl für die Freygebigkeit zu danckē / sondern auch zugleich den Verlust des verschütteten Pferde-Mistes zu bedauren. Aber / O Narr / O Narr! Fronte capillata est, post hæc occasio calva. Warumb hastu den Dreck nicht besser verwahret; sondern so freventlich weg geschlenckert? Hat dich doch niemand darzu genötiget. Als wie etwan jener Albertinus noch mittelmässigen Anlaß bekommen / das seinige zu verschertzen. Nemlich da ein Ochsen-Dwalgs einmal viel Quarg-Käse eingekauffet / und damit bey einem Flusse vorbey gegangen; Da sollen die Frösche ihrer Gewonheit nach / immer ein Quacks Quacks über das ander geschryen haben / da dieser denn gemeinet / die armen Thierigen weren hungerig / und begehrten sich mit seinem Quarg zu ersättigen: Darauff[12] er denn also bald einen Quargkäse nach den andern hinein geworffen / und auß vermeinete Mitleidigkeit die Quargs-Köpffe hat zu befriedigen gedacht. Hieher gehöret auch jener Matzpumpe / der etliche Butterhosen bey sich gehabt / und in heissen oder dürren Sommer das Erdreich hin und wieder hat gespalten gefunden / da soll er auß Barmhertzigkeit bewogen worden seyn / alle seine Butter in die Klunsen zuschmieren: Gleichsamb wie das Erdreich ebenmässig hungerig were / und sich damit zu ersättigen wüntschte. Und also war dieser zwar umb seine Mäyen-Butter / jener aber umb seine Quargkässe gekommen: Doch beyde gleichwol auß erheblichen Ursachen! nemlich auß Barmhertzigkeit und Mitleidenheit. Hingegen aber hat des Rübezahls sein Bernheuter auß unbedachtsamen Verdruß das Seine verlohren / und muthwillig verschertzet. Und wiewol er wieder umbgekehret hat / solche jacturam wieder zu erholen /[13] so ist es doch verhauset gewesen: Und ist im geringsten zu nichtes wiederumb gekommen / wie etwan jener Bauer noch zu seinen Pferde auff folgende schnackische Weise. Nemlich Drebens Drumpff hat ein fahles Roß gehabt / solches were ihme im Kriegswesen durch etliche unbekante Soldaten gestohlen worden. Darüber hat er sich zum General hingemachet / sprechende; Tugendsamer Herr Juncker / euer Landsknechte haben mir meinen Hengst gestohlen. Wer hat es gethan? Mein Siele! Herr Juncker / ich weiß es nicht. Nun / nun / harre ein wenig: bleib ein bißlein allhier stehen: Ich wil mein Volck äussern / und wenn du alsdenn dein Pferd vermerckest / so sage es mir. Was geschickt? wie sich viel Reuter hatten sehen lassen / da war auch endlich der Dieb mit dem Pferde vorbey geritten: Darauff der Bauer geschrien; Ehrenvester Herr Juncker / das ist mein Gaul. Du Schelm /wie weistu es? Mein Siele / Herr Juncker /[14] ich habe es selber gezogen und gebohren. Hey du Schelm / hastu es selber gemacht / so gehe damit hin an Galgen? Doch gnug.

Quelle:
Praetorius, Johannes: Des Rübezahls Dritter und gantz Nagel-neuer Historischer Theil. Leipzig, Arnstadt 1673, S. 9-15.
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