Rübezahl machet Erbsen zu Gold.

[64] Ein Handwercks-Gesell gehet zur dürren Sommerzeit über die Böhmische Gebürge; und wünschet vor großer[64] Mattigkeit und Durst ein wenig Labsal. Drauf wird er nicht ferne von dannen gewahr / nicht allein ein klares Bächlein / sondern auch ein Acker voll grüne Schoten. Indem gehet er also erste zum Wasser / erquicket sich da im Trincken aus dermassen sehr wohl / und nimmet auch in seine bey sich habende Flasche dergleichen Wasser aus der Quell mit sich. Ferner geräth er auch über die Schoten / und frißt erstlich seine Ramponie wacker voll / zum andern steckt er auch nicht wenig zu sich / sondern füllet seine beyde Schiebesäcke damit an / die er unterwegens mehrentheils auffschmauset / wie er auch das Wasser ziemlich außleerte: Biß er drüber in ein Wirths-Hauß geräth / und drinnen sein gehabtes Glücke mit der Speisung erzehlet. Wie solches der Wirth vernommen / nimbt es ihn sehr Wunder / und fraget / ob er nicht noch etwas davon übrig habe? Darauf antwortet der Bursch: Es wird zwar wenig[65] seyn: doch langet er zugleich erst nach dem Schiebe Sack / und zeucht vom Reste etwan noch zehen oder eilff Schoten heraus / eröffnet eine / und siehet / daß es nicht mehr grüne Erbsen / sondern klares gelbes Gold gewesen / welches er auch in den übrigen ertappet / alles miteinander verwahret: ungeachtet / daß der Wirth üm ein paar bate. Zum andern visitirete er auch mit Verwunderung seine Flaschen / und fand desselbigen gleichen / schier ein halbe Göspe voll Goldkörner / welche auß dem verbliebenen Wasser waren geworden / seiner Meynung nach. Doch war er hiemit noch nicht vergnüget /sondern kratzete den andern Tag noch in seinem Miste und Urin herüm / ob er nicht auch noch etwas mehrers außgekacket hätte / und damit seinen Reichthum vermehren möchte. Aber vergebens.

Quelle:
Praetorius, Johannes: Des Rübezahls Dritter und gantz Nagel-neuer Historischer Theil. Leipzig, Arnstadt 1673, S. 64-66.
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