Rübezahl leget güldene Eyer.

[210] Ein Schösser hiesiges Orths that mir zuwissen / daß er in Schlesien in seiner Jugend vernommen hette: Wie ein Wandersmann über das Riesen-Gebürge sol gegangen seyn / da er abwegicht geworden / und in die Irre gerathen; drüber er einen Baum ertappet / indessen[210] Gipffel ein Elster Nest gewesen. Wen er nun nicht gewust sich wiederum zu recht zufinden / so war er hinauff an den Baum geklettert / theils das Nest zu besehen / theils auch sich in die ferne nach einer umbzuschauen. Indem er aber hinauff gewesen / so hat er bey zwantzig Eyer ertappet / welche er in seinen Kober gestecket / damit er sie seinen Kindern könte mitbringen / indeme er vermercket / daß sie noch alle möchten frisch seyn. Wie er hiemit fertig gewesen / da vermerckt einen andern Mann / schier eine Viertel Meile von dannen / gehen zu solchem eilet er hin / gereth wieder auff den rechten Weg / und kömmet auch endlich nach seiner Heimat: Da er seine arme Kinder mit den gefundenen Eyern erfreuen wollen. Aber was geschicht? Wie er den Kober auffmacht / da waren es lauter güldene Massæ gewesen / die eine Gestalt der Eyer an sich gehabt. Das heist was mitbringen /davon man nichts gewust /[211] O wer solche Eyer auch einmahl solte ausnehmen.

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Praetorius, Johannes: Des Rübezahls Dritter und gantz Nagel-neuer Historischer Theil. Leipzig, Arnstadt 1673, S. 210-212.
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