Rübezahl verwandelt Blätter in Ducaten.

[248] Es hat mir dieses Stücke unn nachfolgende mit einander gar viel richtige Geschichte selber erzehlet Anno 1662. den 6. und 7. Junii in Leipzig ein sehr glaubwürdiger und kunstreicher Apotecker von Hirschberg / (nach dem er seine Reise hierdurch hatte / und mich / um vorhabendes Werck zur Vollkommenheit in etwas besser zubefördern / großgünstig auff meinem Lesamente in Paulinô Collegiô, auf Juncker Caspar Barthes[248] sel. gewesene Stube / zusprach / und wacker aus der Erfahrung unn langwierige Erkundigung discurrireten,) ein fast ältiger Mann / und selber aus Schlesiē in obgemeldter Stadt / so nur 2. Meilen von des Rübezahls Residentz gelegen bürtig / nemlich es sol vor wenig Jahren eine arme Kräuter-Fraue / sambt ihren zweyen kleinen Kindern auffs Gebürge getragen seyn / mit sich führende einen Korb drinnen sie gedacht Wurtzeln zu graben / und solche hernach zuverhandeln / oder an die Apotecker zubringen / drauff sol sie auch eine grosse Hucke feiner Wurtzeln zu wege gebracht haben / aber sie war drüber aus dem rechten Wege gerathen /[249] da sie denn nicht gewust / wo auß oder ein / biß ihr gleichsam ein Bauersmann erscheinete / und ohngefehr (es war aber der Rübezahl gewesen / im Irrthume zu sie kömt / sprechende! Frau was sucht ihr so ängstiglich / und wo wollet ihr hinaus? Sie antwortet / ach ich bin ein armes Weib / und habe weder zubeissen noch zubrechen / derentwegen ich bin genöthiget worden herauß zuwandern / unn etwas Wurtzeln zu graben / unn mich und meine hungerige Kinder zu erhalten / und nun bin ich aus dem Wege gerathen / und kan mich nicht wieder zu rechte finden: Ach hertzet Mann / erbarmet euch doch / und führet mich aus dem Gebüsche auff die[250] richtige Strasse / daß ich fortkommen kan. Der Rübezahl antwortet: Frau /seyd zu frieden / ich wil euch schon den Weg zeigen. Aber was macht ihr mit den Wurtzeln / damit werdet ihr ihr wenig verdienen / schüttet das Zeug aus / und pflücket euch von diesem Baume so viel Blätter ab als ihr wollet / daß der Korb gantz voll werde / das wird euch besser bekommen. Resp. Auch wer wolte mir davor einen Pfennig geben / es ist ja nur gemeines Laub / das nichts tüchtig ist. Resp. Ey Frau / lasset euch sagen / und schüttet eure Lumpen Wurtzeln auß und folget mir / etc. Allein es hat der Rübezahl diese Vermahnung so vielmals vergeblich repetiret,[251] daß er selber fast müde drüber geworden / weil sich die Frau nicht hat wollen einreden lassen / biß er selber zugreiffen muß / und mit Gewalt die vorigen Wurtzeln herauß stürtzet / dafür aber ein Hauffen Laub / von einem nahe dabey stehenden Busche hinein streiffet /die Frau damit davon zugehen befiehlet / und sie auff den rechten Weg bringet / drauff die Frau mit ihren Kindern unn belaubtem Korbe (zwar wider Willen /) eine weite fort gemarchiret / biß sie abermahl schöne Wurtzeln im gehen ansichtig geworden / da sie neue Lust zu graben / und selbige mit sich zu nehmen bekömt / weil ihr war eine Hoffnung in die Achsel gefahren / sie würde hiemit[252] mit was mehrers erhalten /als am nichtigen Laube: Drauff sie den Korb umbstürtzet / und den vermeinten Qvarck heraus geust /und ihn wiederumb mit Wurtzeln besacket / damit sie nach ihrer Behausung / Kyrschdorff / gewandert ist /und alda die außgegrabene Wurtzeln vō noch anklebender Erde gesaubert / zusammen gebunden / unn vor allen Dingen aus dem Korbe heraus geschüttet hat / drüber sie etwas flinckern siehet / und dannenhero Anlaß nimt fleissiger darnach zusehen / was es gewesen / wie solches geschiehet / sihe / da findet sie etliche Ducaten unten im Korbe stecken / welche übrig geblieben waren von dem Laube / so sie auff dem Gebürge /[253] so unbedachtsam / und nicht reine heraus geschüttet gehabt / drüber sie theils über die Massen erfreuet wird / theils auch sich betrübet / daß sie das Laub nicht alles behalten / dannenhero sie denn auch wieder zu rücke läufft / und Nachsuchung thut / aber vergebens / denn es war alles verschwunden gewesen. Doch gnug.

Quelle:
Praetorius, Johannes: Des Rübezahls Dritter und gantz Nagel-neuer Historischer Theil. Leipzig, Arnstadt 1673, S. 248-254.
Lizenz:
Kategorien:
Ausgewählte Ausgaben von
Rübezahls Dritter und gantz Nagel-neuer Historischer Theil
Rübezahls Dritter und gantz Nagel-neuer Historischer Theil