3.[111] 68

Hierauff folget weiter die Frage / wie man das Hexen-Werck könne offenbahren / damit es einem heimlich nicht schade? und wird von vielen / bald von diesem / bald von jenem gesaget / daß es geschehen könne / entweder mit dem


B eyfusse.69

L iebesaltze.

O rantkräntze.

C reutze.

K raute Moly.

S chmeer des Wolffes.

B rote.

E uplea Kräute.

R oßdarme.

G esegnete Distel.


B ilde auß Wachs.70

L eberkraut.

O stien oder Hostien.

C hristi Namens Anhenckung,

K ynokephali Hare.

S chuhschmieren.[111]

B eschwerungen.

E del-Gesteine.

R hamnus oder Stechdorn.

G ebrauch des Farren-Krauts.


P erforata oder Hyperico.71

L ustrali aqua oder Wey-Wasser.

O pffer-Gebrauch der Mistel.

C reutze von Hollunder.

K nobelauche.

S tecken von Haseln.

B retzeln.

E vangelio.

R auchwerck.

G ebethe.


Von diesem allem kan der begierige Leser in folgenden zusammen getragenen Sachen sich erkundigen.

Es fraget sich bißweilen / Wodurch man die Hexen kundbar machen / oder auffs wenigste ihren Bezauberungen abhelffen möge? So werden zwar was das Letzte betrifft / viel Sachen vorgeschlagen /welche man theils vor diesem / theils noch itzo als ein amuletum oder Abwendungs-Mittel gebrauchet. Natalis Comes72 berichtet / daß der Stein Jaspis nebenst andern Steinen und Gewächsen das Seinige[112] thue / und sonderlich das Kraut Moly: davon Homerus lib. 10. Odisseæ, vel K. Andere sagen Menschenkoth Ludovic. von Hörnigk.73 Item Schelmēdärme od' Roßdärm und Milch-Hafen / womit man die Hexen solle zwingen können / wie Bodin74 meldet / woselbst er auch unter andern gedencket / wie man es machē könne / damit der Teuffel die Hexen schlage. Aber ich halte / daß diesem eben so viel zu glauben sey / als jenem / wenn man saget: daß der Teuffel wenn es regnet und die Sonne scheinet / seine Mutter also schlage / daß sie Oel pinckele. Bodinus am angezogenen Ort berichtet auß dem Spangero, wie das Schuschmieren hindere / daß die Hexen nicht auß der Kirchen gehen können. Item auß dem Plin. l. 28. cap. 19. Das Wolffsschmeer Zauberer vertreibe. Also schreibet auch ferner Plinius,75 daß der weisse Saphier wenn der Sonnen und des Mondens Namen darein gegraben / und alsdann mit Haaren von dem Thiere Cynocephalus, oder Hundskopff genant / an den Hals gehängt wird / wider die Zauberey guth und dienlich sey. Solche Krafft schreibt er auch zu dem Antirrhino oder Orantkraut / saget auch / es schaffe Ansehen und Reputation.76 Deßgleichen muß ihn auch für Verzauberung dienen / das Kraut Artemisia, das ist Beyfuß77 oder S. Johannes Gürtel / wie denn noch heutiges Tages etliche das Kraut auff gewisse Tage und Stunden[113] graben wie sonst die verbenam / oder Heilig-Kraut / suchen Stein und Kolen darunter für Fieber / und henckens ümb sich / machen Kräntze darauß / werffens folgēds mit ihrē Vnfal in S. Johanns Feur samt sondern Sprüchē unn Reimē; etliche henckens an mit Salbey / daß sie auf der Reise nicht müde werdē / weil es seinē Namē nach soll machen / daß man wol bey fusse bleibe / so es besser were / daß solche abergläubige Leute wol bey Sinnen blieben: denn oberzehlte Puncte alle seynd offenbahre Mißtreu und Betrugwerck. Biß hieher Bodinus. Sonsten ist auch bekant / daß man dem Kraut oder vielmehr der Wurtzel Cardobenedicten viel zumesse.78 Dioscorides meldet daß der weisse Stechdorn oder Rhamnus, ἀποκρούει τὰς τῶν φαρμακέων καηουργίας, vertreibe alle Gespenste und Zauberey. Goldast.79 gedencket dergleichen vermeynet Mittel mit folgenden Wortē: wie muß der Teuffel lachen / wenn er sihet des H. Vrbani Bild / an seinē unwetterlichē Tage / in Wasser / Koth / und Dreckwerffē / zu höchsten despect der Göttlichē Majestät / und seiner Heiligen? wie groß Gefallen muß er haben / wenn er ihm die Christen sihet so häuffig folgen im Aberglauben / sonderlich am neuen Jahrstag / am H. Dreykönigstage / in der Fastnacht / am Grünen Donnerstage mit den Pretzeln oder Krengeln oder Ringen / (wie sie an unterschiedlichen Orten genant) werden / auß dem warmen Backofen für Fieber Kranckheiten / Zauberey und andere Plagen im[114] Hause auffgehenckt: am Ostermontag mit dem Waldmeister od' Leberkraut / wider Gespenst od Zauberey mit gewissen Segē oder Ceremonien eingeholt. etc. Prætori9 im Bericht vō Hexerey. p.m. 60. schreibt davon also: Zum 2. wird hier entdecket / die grosse Thorheit und Heydnische Blindheit in den gemeinen Mitteln / mit welchen die Vnverständigen der Zauberey sich entwehrē wolle. Sie habē zweyerley Mittel / eins / damit sie die verrichte und volbrachte Zauberey stillen und vertreiben / das 2. damit sie verhüten / daß sie nicht bezaubert werden.80 Zu stillen und abzuwenden die Zauberey / die sie vermeynē ihrē Hauß unn Ställē / Menschē und Vieh zugerichtet zu seyn / hauen etliche ein Haselstecken ins Teuffels Namē uffn Sontag Morgēs vor d'Sonnē Aufgang: kehrē dē Staub und Dreck auß den vier Ecken des Hauses oder Stals / thun den in einen Sack / binden ihn zu / schleiffen ihn vor die Thür. Schwellen / schlagen denn mit den Stecken wacker drauff in desselben Nahmen darinnen er gehauen ist worden.81 Alle Streiche die auff dem Sack geschehen / soll auch dieselbe Hexe empfangen / unn dadurch gezwungē werdē / die angethane Zauberey wieder abzunehmē. Andere so einē Menschē beleidiget / machē ein Bild auß Wachs / darüber Münch od' Pfaffen 3. Messen auf drey Freytag gehalten: ist denn dem Menschen weh im Auge / so stechen sie das Bild mit Pfriemen in die Augen: Ist es[115] am Schenckel oder Arm oder Bauch / so stechen sie es daselbst. Denn muß die Hexe wiederümb abthun / womit sie ihn bezaubert hat. Ist das Vieh kranck / so sind sonderliche Weiber oder Männer / die es mit vielen Creutzen / creutzweiß ziehen / mit Weywasser besprengen / und murmeln heimliche Wort dazu / so muß die Zauberey ohne Schaden vergehen. Ist den Kühen die Milch bezaubert / so melcken sie durch alte Besen / und sengen die am Feur: Oder schlagē den Milchköbel mit weissen Stecken / oder sieden die Milch / und stechen mit Messern drein / das thut den Hexen so weh / daß sie die Milch wiederkommen lassen.82 Weiß nicht / ob sie solches von dem Zauberer Bileam / als seine Affen gelernet haben / der seine Eselin mit dem Stabe schlug / und Lust hatte sie mit einem Schwert zuerstechen. Also machen es die Bezauberten.

Wer aber noch nicht bezaubert ist / und verhüten will / daß er auch nicht bezaubert werde / der steckt Creutzpfennige in geweiht Wachs (Creutz-Ducaten weren besser im Sacke) und träget sie bey ihm / und henget geweyte Kräuter in die Ställe: od' hengen Saltz und Brod oder ein Briefflein / darauf etliche frembde Namen und Wort der Heil. Schrifft verzeichnet / an den Hals / ihme und den Seinigen stätigs zu tragen.83 Denn kan weder Hex noch Teuffel zu ihn kommen und Schaden thun. Wunder ists[116] daß sie auch nicht Harffenschläger halten / weil David mit der Harffen den bösen Geist von Saul getrieben.84 Im Stifft Münster85 in Westphalen / haben die Bauren eine Gewonheit / daß auff S. Peters Stuelfeyr Tag den 22. Febr. ein Freund dem andern frühe vor der Sonnen Auffgang für sein Hauß schlägt mit einer Axt an die Thür zu jedem Wort / daß er redet / und rufft laut in seiner Sprache also. Heruth / heruth Stulle-Vögel etc. Auff Hochteutsch also! Herauß / herauß du Schwellenvogel / S. Peters Stulfeir ist kommen / verbaut dir Hauß und Hof und Stall / Haurschoppen / Scheuren und anders all / biß auff diesen Tag übers Jahr / daß hie kein Schade wiederfahr.

Durch den Schwellen-Vogel verstehen sie Kröten / Otter / Schlangen und andere böse Gewürme / daß sich unter den Schwellen gerne auffhält / auch alles /was dahin Gifftiges möchte vergraben seyn oder werden. Wenn diß geschicht / sind sie das Jahr für Schaden frey / und wer es thut wird begabet. Diß sind die köstliche Ding / damit sie der Zauberey sich so kräfftiglich erwehren können / wie sie meynen. Ach der elenden Leute mit ihrer vergeblichen Rüstung? Wie kan es doch der abwesenden Hexen wehe thun / wenn sie Säcke und Kübel schlagen / Wachs und Milch stechen / und Besen sengen oder brennen? was ist doch für[117] natürliche Wirckung darin? was findet man doch in der Schrifft / das im allergeringsten hiemit zuvergleichen? wer ist doch unter Juden oder Judensgenossen jemals so verrucht und Gottloß betreten / der solchen Greuel / un dazu am Sabbathtag / und das schrecklicher ist / mit Fleiß ins Teuffels Namen gethan? solches ist über alle Greuel der Heyden / die von Gott nichts gehört / und wehe den Christen / oder vielmehr Wider Christen / die also alle in Aberglauben übertreffen / so schändlich Gott verlassen / so freventlich ins Teuffels Namen handeln / und mit stinckendem Teuffelsdreck den Teuffel verjagen wollen / das sind freylich die Thoren / die in ihren Hertzen sprechen: Es ist kein Gott; die nichts taugen / die eytel Greuel worden find in ihren bösen Wesen / die kein Guts thun / die nach Gott nicht fragen / die den HErren nicht anruffen.86 Du Heyden halten mehr von ihren Götzen / denn die Christen von Gott. O weh den greulichen / die da Lügen so lieb haben / und gerne thun / sie werden von Gott als stinckende Hunde samt den Zauberern zu dem Teuffel in Abgrund der Höllen hinnauß gestossen / und ewiglich Tag und Nacht in der Qual verschlossen werden / wo sie sich nicht bekehren.

Diesen sind gleich / und werden zugleich mit ihnen fahren die mit Creutzen und Zeichen / mit Saltz und Brod / mit Kräutern und Worten sich wider die Zauberey schützen wollen: sie begehen damit Zauberey / und sind Zauberer /[118] weiß nur nicht / wie ich sie nennen sol. Jene wollen mit Zeichen und Worten Schaden herzuführen: so wollen diese durch Zeichen und Worte Schaden auffhalten und vertreiben. Jene sind vom Teuffel gesand; diese gehen ihm entgegen. Sie haben Gott auch schändlich verlassen / und verleugnet / als wenn er nicht schützen unn helffen könte. Gott solt unser Zuversicht und Stärcke seyn / eine Hülffe in allen Nöthen / die uns treffen: So haben sie ihre Zuversicht zu leblosen Creaturen / die sollen ihre Stärcke und Hülffe seyn. Sie suchen ihnen selbst andere Götter / und sind Götzendiener / sie suchen da nichts zufinden ist / sie ehren / das nichts wircket / sie rühmen sich der Schande / sie freuen sich der Eitelkeit / ewig wird seyn ihr Hertzenleid / denn Gott wird ihnen das nicht schencken.

Hie sprechen sie / gemach: die Sache ist nicht halb so böse / es seynd ja eitel gute Mittel / die wir brauchen: Ich antworte aber: Ja noch härter: die Sache ist so böse / daß ichs nicht zum halben Theil außsprechen kan. Die Mittel sind an ihm selbst gut / aber solcher Mißbrauch machet sie zum Greuel.87 GOtt hat Creutz und Zeichen nicht befohlen zur Artzney / Saltz und Brod hat er gegeben / zu essen / sein Wort zu hören / und ins Hertz zu fassen / nicht am Halß zu hengen.88 Vnd was sol solches dem Vieh / das keinen Verstand hat? hat ihnen[119] Gott sein Wort auch gegeben? und wenn gleich diese Mittel noch besser weren / so ist doch darum nicht alle Handelung gut / dazu sie genommen / oder dabey getrieben wird.89 Ist nicht der Mensch eine edle Creatur Gottes? Ist nicht der Mann nach Gottes Bilde geschaffen? Vnd ein Weib / das schweigen kan / eine Gabe Gottes? Wenn sie nun Hurerey zusammen treiben / und verschweigen / ist das auch ein edel Ding und Gabe Gottes?90 Item, Der Wein ist guth / und von Gott / und dienet zur Gesundheit: Ist darumb Trunckenheit / so auß Mißbrauch kömt / auch gut und von Gott und zum Leben nützlich?91 Paulus lehret viel anders wenn er spricht: Weder Hurer noch Ehbrecher noch Trunckenbold wird das Reich Gottes ererben.92 Also ist auch das Wort Gottes gut / und ein Mittel zum Leben: Aber Ketzern und Vnglaubigen ists zum Tod / und allen denen / die es mißbrauchen / auch also. Denn je besser / heiliger und heilsamer jedes Ding an ihm selbst ist / je ärger / schändlicher und verdamlicher auch dessen Mißbrauch ist / und je grösser Mißbrauch / je grösser Straffe.93 Darumb wer weise ist / der wird solcher Abgöttischen Händel müssig gehen / sie helffen nichts und schaden viel.

Daß sie gantz und gar nicht helffen können in solchem Brauch / wil ich greifflich darthun / und unwidersprächlich beweisen. Erstlich in gemein / darnach insonderheit. Wenn der[120] Satan94 mit Creutzen / Kräutern / Saltz / Brod / und Worten in seinem Werck auffgehalten / verhindert / zu rücke getrieben und verjaget würde / so were er viel schwächer / furchtsamer / scheuer und verzagter denn ein Mensch / ja were unmächtiger als ein geringer Hund oder Saue. Denn weder wir Menschen / noch auch das Vieh / für Saltz / Brod / Kräutern und guten Worten fliehen / sondern werden näher und näher herzugelockt und beygebracht. Solches stehet zu versuchen und wahrzu finden an allen hungerigen Personen und Thieren / jungen und alten.95 Nun ist der Teuffel96 nicht gering / sondern ein grosser Drache: ist nicht scheu / sondern keck / und trotzig / unverschämt / darff unter den Kindern Gottes für Gottes Angesicht erscheinen / darff alles wagen / und auff das eusserste versuchen / darumb er auch ein Versucher genant / der den Sohn Gottes / der Held und Krafft heist und ist / und allen Gewalt im Himmel und auff Erden hat / versuchen darff; Er ist nicht schwach; sondern ein starcker gewapneter / darümb er den Starcken verglichen / und ein Fürst / ja ein Gott und gewaltiger Herr der Welt genennet wird: So ist er auch nicht blöde und verzagt / sondern dringet zu wie ein hungeriger und brüllender Löwe- und das nicht nur bey den Verständigen / sondern auch bey Propheten / denen er sich in ihr Maul setzen darff / und ihnen Lügen und Falsch auff die[121] Zunge legen / unangesehen / daß sie immerhin den HErrn Gott Israel nennen.97

Auß welchen allen heller und klärer / denn die Sonne im Mittag leuchtet / erscheinet / daß der Satan vermeldte Dinge nichts fürchte / scheue / meide / und fliehe. Stückweiß wirs noch besser für Augen stellen.

Erstlich setze ich zweyerley Creutze:98 eines von Menschen / das ander von Gott selbst gemacht: Ein Creutz / das Menschen machē / wird mit Fingern gestricken / mit Farben gemahlet / mit Instrumenten gedruckt / geschnitzelt / geschmiedet / oder gehauen / und ist ein todtes unempfindliches und krafftloß Ding / und gemeiniglich zu Aberglauben / Abgötterey / und also wider Gott gerichtet. Das Creutz von Gott99 selbst gemacht ist der Mensch / welcher / wenn er auffrichtig stehet / und die Arme außstrecket / ein rechtes Creutz ist anzusehen: nach welcher Gestalt andere Creutz erstlich sind gemacht / zu dē Ende / daß Menschen mit außgereckten Armen / auffgerichtetē Haupt und niedergezogenen Füssen daran gehefftet und getödtet würden.100 Wie auch Christus auff solche Weise ist hingerichtet / unn ehe Christus gecreutziget ward / ward das Creutz so unehrlich und abscheulich gehalten / als bey uns heutiges Tages ein Galge.101 Vnd derhalbē muste Simon von Cyrenen gezwungē werdē das Creutz Christi mit anzugreiffē. Hernach aber / weil Christus an einem Creutze gehangen / ist auß Aberglauben von unheiligen Menschen heilig gehalten /[122] alles was Creutzes Gestalt hat. Vnd weil Paulus saget / Christus habe uns durch das Creutz mit Gott versöhnet / meynē sie / alle Creutz habē sondliche Krafft; sehen nicht daß Paulus nit redet vō dē höltzern Creutz / das Christū trug / sondern vō dē Opfer seins Leibs / welcher am holtz schmertzlich getötet ward / wie denn folget: Er habe die Feindschaft getödtet durch sich selbst.102 Wie er nun die Feindschaft getödtet; also hat er uns auch versönet / unn ist davon das Creutz an ihm selbst weder heilig noch kräfftig wordē. Ja üm des Creutzes willē ist Christus ein Fluch genennet wordē / wie mags denn zu Segē dienē: aber wider zur Sachē.103 Das Creutz das Gott gemacht / nemlich der Mensch104 / hat eine unsterbliche Sele auß dem Athem Gottes empfangen / ist lebendig / vernünftig / kräfftig in Gliedern / gedencket / redet / sihet / höret / zeiget /wincket / gehet unn stehet: ist heilig zu Gottes Ehren / und zum ewigen Lebē zubereitet / wie alle wissen solten. Wenn nun der Teufel ein Creutz fürchten und fliehen müste / so flöhe er freylich das herrlichste / heilige / lebendige / kräfftige Creutz: das ist aber der Mensch. Nun fleucht er ja den Menschen nicht / wie die Erfahrung zeiget / ja / das mehr ist / er verstellet sich in Menschen Gestalt / unn macht sich also selbst in ein Creutz / derowegē er gewißlich für dē andern nichtswertigē unn erdichtetē Creutzen / sich nit ein haar scheut / noch einē daumēbreit zurük weicht.105

Wolte hie nimand gegēwerffē / d Mensch sey[123] nicht mehr heilig / und seinem Schöpffer offt ein Schandflecken / wie Gott selber klaget / und derohalben fliehe der Teuffel ietzt den Menschen weniger / denn höltzerne und steinerne Creutze. Darauff hätte ich viel zu antworten / laß es aber beym kürtzesten bleiben / und weise auf zwey Heilig Personen / nemlich Evam für den Fall / und Christum den Herrn selbst: für welcher Heiligkeit er sich doch nicht gescheuet / sondern ihnen auch noch viel Leydes angethan.106

Belangend die Kräuter / Saltz und Brod / fürcht er sich noch weniger dafür. Denn er ja (nach Gottes Verhängniß) offt die Menschen leibhafftig besitzet / und für seine Wohnung brauchet / die doch stäts Kräuter / Saltz und Brod essen / und den Bauch biß an den Halß damit füllen. Denn die Besessenen essen gemeiniglich mehr als andere Leut: welche kein Saltz und Brod essen / als die Todten / lässet er wol zu frieden.107 Zudem so begehret er von Christo selbst / er sol doch die Steine in der Wüstē zu Brod machen unn verwandeln / und da der HErr Juda den Bissen Brod zum Verräters. Zeichen gegeben / und er ihn gessen hatte / fuhr alsbald d' Sathan auch in ihn.108 Wie solte er denn kein Brod vertragen / oder dabey nicht bleiben können? man möchte billiger sagen / er were gerne bey Brod und Saltz.

Endlich die Heiligen Worte109 betreffend / die man anhänget / haben die an ihnen keine Heiligkeit /[124] oder sind / also gebraucht / nicht mehr heilich / denn sie werden solcher massen ohne GOttes Befehl / ja wider Gottes Verbot / und wider Gott geführet von falschen Freunden / Abtrünnigen und rechten Feinden. Vnd der Teuffel weiß und zeucht selbst Gottes Wort an / auß dem 91. Psalm / vor dem Herrn Christo. Er nennet Gott / er nennet die H. Engel / er bekennet / sie müssen auß Gottes Befehl den Herrn bewahren. Er nennet auch Jesum den Sohn Gottes / er leufft der Person entgegen / er redet sie selbst an / ja er ist in der Predigt zugegen / und nimt das Wort auß vieler Menschen Hertzen hinweg. Drümb fürchtet und fleucht er weder Gottes und Christi Namen noch Wort / also gebrauchet.110 Vnd wenn er das scheuete / wie solt er denn einigen Christē. Namen anlauffen dürffen? denn sie alle im Namen Gottes des Vatters / und des Sohns und des Heiligen Geistes getaufft sind / nach Christi Ordnung und Befehl. Hilfft derowegen nichts wider den Teuffel / wenn man auch zehen Biblen fresse / und zwantzig ümb sich bünde: wil geschweigē / daß ein kleines Zettelein mit wenig Worten an den Halß gebunden helffen solte. Was hieben geschicht / ist eitel Spiegelfechten und Betrug des Teuffels / der sich so scheu stellet gegen den Abergläubigen und Vnverständigen / damit er durch solchen Mißbrauch des Namens Gottes / diesen in seinem Strick behalten /[125] und jenen auch hinnein locken und fangen möge.111 Siehe aber in der Apostel Geschichten / wie er die bezahlet / die ihn auch also im Namen Jesu vertreiben wolten.

Hie sagt mir einer / spricht doch Paulus, das Evangelium sey eine Krafft Gottes / das selig mache / die daran glauben.112 Das ist entweder falsch / oder muß helffen / wenn man es gebrauchet. Ich antworte / Gottes Wort ist kräfftig in und zu allen Dingen.113 Das ist aber nicht zu verstehen von Buchstaben und Syllaben / sondern von dē allmächtigē Willē und Versehung Gottes. Sein Willen / sprechen und thun ist beysāmē / unn hilfft gewiß.114 Da aber Paulus das Evangelium kräfftig nennet / meynet er / es wircke den Glaubē / mit welchen wir Christum annehmen der das rechte Mittel ist zur Seeligkeit. Vnd solche Wirckung hat das Wort nicht / da es äusserlich angebunden / sondern da es verstanden / zu Hertzen genommen / und bewahret wird.115 Vnd wircket auch das Wort noch nichts an ihm selbst / sondern GOTT wircket den Glauben durch das Wort / in welchen / wenn / und wie viel er wil / nach seinem Wolgefallen.116 Vnd solches sihet man daran / daß nicht alle / die das Wort hören und lesen / gläubig und selig werden / sondern nur etliche. Hilffts nun nicht an ihm selbst denen / und in dem / welchen und darzu es doch eigentlich gegeben ist / nemlich den Menschen zum Glauben: so hilffts vielweniger[126] denen / und in dem /welchen und wozu es nicht gegeben / nemlich Men schen und Viehe zu Leibes Gesundheit / und was mehr / darzu andere Mittel verordnet sind.117 Vnd hat das Wort keine Krafft in ihm / wenns gleich in die Ohren / und auß dem Munde und biß aufs Hertze gehet (denn der Sathan nimpts auch vom Hertzen) was solts denn helffen / auff Zettel geschrieben und angehenckt?

Hie wird nun von den Abergläubigen / die allerley Behelff / ihre Sache zuflickē suchē / noch eins fürgeworffē / daß nemlich der junge Tobias mit einē Rauch118 den bösen Geist in Sarä Kammern vertriebē habe. Derowegē sprechē sie / können die bösen Geister mit äusserlichē Mitteln in ihrē Werck auch verhindert werden. Antwort. 1. ist diß ein besonder Exempel / des gleichē nirgend mehr in der Schrifft glaubwürdigen Büchern wird gefundē / unn muß mā darauß keine gemeine Regulē machen. 2. wird da nit geredet von Zauberteuffeln / unn es werdē nit alle Arth Teuffel auf eine Weise vertriebē.119 Ein Teufel ist ärger denn der ander. 3. Ist solches auß sonderlichē Befehl des Engelsgeschehen / und derohalben ohne gleichen Befehl so wenig nachzufolgen / als daß Abraham seinen Sohn schlachten und verbrennen wolt. 4. wird hiemit nicht allerley Rauchwerck Geister zuvertreiben gut gemacht / sondern allein das Hertz und die Leber solches Fisches / den Tobias gefangen. Der wird aber nit mit Namē genennet / so kan niemand wissē / was es für ein Fisch gewesen / ist also auch nicht[127] nach zuthun. 5. Hat nicht der Rauch / sondern der Engel selbst den Teuffel weggeschafft / wenn derhalben auch tausend Menschē Rauchwerck hetten /würden sie doch nicht einen Geist damit vertreiben / oder in seinem Werck auffhalten können. Derhalben lasse ein jeglicher diese aberglaubische / Gottlose und unnütze Dinge wider die Zauberey gäntzlich fahren / und bleibe bey denen / die ich droben gewiesen / die werden nützer seyn / und besser außhelffen Bißhieher Prætorius. Was sonsten von Creutz machen zu halten / besiehe ferner / p.m. 107. 108. 114. M. Iohan. Hertzoges / Diaconi in Dreßden / andern Theil der Catechißmus-Predigten vom 2. und 3. Gebot.

Hildebrandus in Theurg. p.m. 232. Wer sich des Bezauberns befürchtet / oder besorget / oder bey solchen bösen Leuten wohnet / davon er sorget / solche böse Gedancken zu bekommen / der sol nehmen des edlen Hypericon, des edlen Taurants / das nach der rechten Influens des Himmels gegraben ist / und henge das in die 4. Winckel des Hauses / Stuben / Kammern und Keller / und lege es in die Bette / du must es auch am Halse tragen / so wil ich dir geloben / daß dir keine Zauberey wiederfahren mag: du magst es auch zu acht Tagen Pulversweise im Leib brauchen / auch dem Vieh unter dem Saltz mittheilen / so bistu für aller Zauberey sicher. Ph. Theoph. Parac.

[128] Von Knoblauch / Mistel / Farrenkraut: besiehe Hildebranden in den vorhergehenden Blättern.

Dieses sind so unterschiedliche Fratzen und Gauckeleyen / welche wider den Teuffel und sein Gesinde dienen sollen / doch ist es lauter Affenspiel / welches der Teuffel selbst lachet und spottet / wie Hockerius redet im Teuffel selbsten. c. 25. p.m. 64. da er hingegen weitleufftig weiset / wie das liebe Gebeth die beste und sicherste Rüstung sey / worauff man sich verlassen solle. etc. vide d.l.

Quelle:
Praetorius, Johannes: Blockes-Berges Verrichtung. Leipzig, Frankfurt 1669, S. 111-129.
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