(9)[281] 114

Biß hieher von Italien oder dem Römischen Land / darauff kombt uns vor (9.) Gallia oder Franckreich / davon berichtet Bodinus115 nachfolgende Geschicht / die dazumal noch neu gewesen / und zu Loches sich erst begeben hatte. Nemlich es hat sich zugetragen / daß ein armer Mann vielfältig wargenommen / wie sein Weib zu zeiten sich deß Nachts verliere / und etliche Stunden außbleibe; Hat er sie deßhalben zu rede gestellet / und da sie ihm keinen satten Bescheid geben konte / und einmal sagte sie gehe ihrer Notturfft nach / das andermal / sie ginge zu ihrer Nachbarin die Bauch- oder Seiffwasche zuversehen / da konte es der Mann / als der einen Argwohn gefasset / als ob sie barfuß neben den Weg ginge / länger nicht dulden / sondern dräuet sie zu erwürgen / wann sie ihm nicht gündlich die Warheit sagte / wo sie bey Nacht hin käme. Darauff als sie sich in solcher augenscheinlicher Gefahr besteckt fahe / bekant sie ihm wo hinauß ihre nächtliche Walfahrt gehe: Sprach auch zu ihm /wann du es versuchen will / kanst du auch wol dahin[281] kommen. Reiche ihm zugleich die Schmeersalbe / damit sie sich beschmierten: Und nach etlichen darzu gesprochenen Worten führet sie der Teuffel von Loches in die Sandgruben bey Bourdeaux, welche zum wenigsten in die 15. Tagreisen von Loches liegen. Der Mann als er eine Anzahl Zauberer und Hexen / so ihm alle unbekant waren / auch scheußliche Teuffel in Menschen Gestalt umb sich herumb schwermē sahe / fing er vor Verwunderung an und sagte. O mein GOtt wo seind wir? So bald er dieses geredet / verschwund die Geselschafft miteinander / und sahe er / daß er nackent und bloß da stunde; Sahe auch wol daß seines bleibens nit da war: Ging derohalben die gantze Nacht biß morgens im Felde herumb / biß er endlich Bauren antraff / die ihn auff den Weg wiesen; Als er nun wiederumb gen Loches kam / ging er stracks Fuß zum peinlichen Richter / welcher als er die Geschicht vernommen / ließ er nach dem Weib greiffen / die bekante von Puncten zu Puncten alles was wir erzehlet haben / und erkante ungezwungen ihre Ubelthat.116

Man lieset noch von einem andern viel fürtrefflichen Exempel einer solchen Execution, welche geschehen ist zu Pejetiers im Jahr 1564. welche Historien ich an vielen Orten gelesen / und auch von Salberto dem Stadt-Vogd zu Pojetiers (welcher dazumahl mit Daventonio der Pictauer Præsidenten unn anderen[282] Richtern und Rathsverwanten in dieser Sachen mit gewönlicher solennität ein peinlich Gericht zu halten / und ein Urtheil zu sprechen erfordert wahr) gehöret / und zwar männiglich in demselben gantzen Revier wol bewust ist; Es seind drey Manns-Personen welche Zauberer waren / und eine Weibs-Person eine Hex /zugleich verurtheilet / und lebendig mit Feur verbrent worden / welche überwunden waren / daß sie viel Menschen und Vieh umbs Leben bracht hetten / durch Hülff und Vorschub deß Teuffels / welcher / wie sie bekant / ihnen etliche Pulver gegeben / welches sie den Leuten in die Stelle an die Erden gestreuet / und unter die Thür-Schwellen der Häusser vergraben hetten.117 Sie haben auch ferner außgesaget / und bekant / daß sie dreymahl hetten pflegen in den grossen Convent und Versamlung der Hexen und Hexenmeister zu ziehen / da dann eine unzehliche Menge Zauberer und Hexen weren zusammen kommen / bey einem besondern gewissen Creutzstock / oder Creutzbilde / welche ihre Losung und Kennzeichen gewesen. In demselben Convent were ein grosser schwartzer Bock / als das oberste Haupt deß Convents / welcher die umbstehenden wie einen Menschen anredete / umb denselben dantzten sie dann alle mit einander zuringst umbher mit brennenden Fackeln / darnach müsten[283] sie denselben grossen sckwartzen Bock auff den Hintern küssen: Wann solches alles geschehen / würde der Bock mit Feuer verbrend und verzehret / von desselben Asche pflegte dann ein jeder Zauberer und Hex zunehmen / und darmit ihren Feinden Schaden zuthun / also daß sie / welchē sie wollen seine Ochsen / Schaaf / Pferd / und dergleichen Vieh beschädigen und tödten / ja auch den Menschen eine Leibes Schwachheit auch wol gar den Todt zufügen könten. Letzlich und zum Beschluß desselben Convents pflegte der Teuffel mit erschrecklicher Stimme diese Wort zu donnern und von sich zu reden: Rechnet euch / oder ihr werdet alle deß Todts sterben / und alsdann würde ein jeder wiederum von demselbigen Convent durch den Teuffel an den Ort gebracht /woher er ihn geholet. Es sagte auch derselbe fürtreffliche Mann Salbertus, Stad-Vogd zu Pictou / man befinde auß den alten Acten, daß länger als vor 100. Jahren auch Zauberer eben der Ursach und Mißhandlung halber weren verurtheilet und gerechtfertiget worden / welche auch eben alle diese Ding wie von diesen vier Personen geschehen / bekant und außgesagt / und daß solches alles eben an dem Ort bey dem Creutz geschehen were. Unter diesen seind zwo Personen bekehret / die andern beyde[284] aber seind in ihrer Verstockung gestorben. Ich habe auch die Verurtheilung gelesen / so über die Hexen zu Pojetiers gesprochen / welches mir der Herr Adrian Ferreus Königlicher Stathalter zu Laow hat mitgetheilet und zukommen lassen: In denselben lautet ihr Bekantnüß also: Daß sie etliche Wörter gesprochen / da sind sie alßbald auff Beesen in eine Mühle nicht weit von der Stadt Longoy genant / geführet worden / daselbst haben sie auch andere Hexen oder Zauberinnen / wel che Beesen oder Kehrbürsten in ihren Händen gehabt / und bey denselben sechs Teuffel / derer Namen daselbst verzeichnet / angetroffen und gefunden / daselbst hatten sie GOTT abgesagt / und die Teuffel in Menschlicher Gestalt und Form / doch grausam und erschrocklich anzusehen / geküsset / und angebetet / darnach hetten sie mit ihnen getantzet / und nach gehaltenem Tantz hetten die Teuffel bey den Hexen geschlaffen / darauff sie darnach etliche Pulver abgefordert / das Vieh zu beschädigen und zu tödten. Letzlich were das der Beschluß und endliche Verlaß gewesen / daß sie über acht Tag wiederumb an denselben Ort als auff den Montag gegen der Nacht zusammen kommen sollen / unn hat diese Hexen-Versamlung alleweg 3. Stund gewehret / darnach sind sie ein jedes an[285] seinen Ort wieder gebracht worden. Bovinus Ambtmann über das Castel Roux alibi chastea Rour / deß Landes Berry Abgesander und deputirter Legat, in dem grossen Convent zu Blois / hat mir gesagt / daß er eine Zauberin zum Feur verurtheilet und verbrenlen lassen / welche von ihrer Tochter war angeklagt worden / von deßwegen / daß die Mutter sie mit sich in die Versamlung der Zauberer geführet / und dem Teuffel / daß er sie in seinen Künsten lehren und unterrichten solle / überantwortet hette. Unter andern bösen Händeln bekant sie auch / daß sie umb den Bock herumb gedantzet / und hette entlich / ehe sie voneinander geschieden / ein jeder Zauberer Rechenschafft und Bericht thun müssen alles dessen / was sie seiter der nechst verschienen Versamlung arges gestifftet und gethan / und zu wasserley Sachen und Händeln er das Pulver gebrauchet und angewendet. Alsdann berichtet einer / er hette ein Kind darmit umbs Leben bracht / der Ander / er hette ein Pferd getöttet / der Dritte / er hette einen guten fruchtbaren Baum beschädiget / und also fort. Und dieweil damals eine were gefunden worden / welche von der Zeit an nichts gethan noch außgerichtet hatte / war sie mit vielen Streichen mit einem Stecken an die Fußsohlen geschlagen worden / dessen dann die Andern gar sehr gelachet und sie noch darzu vexiret und gespottet[286] hetten. Sie hat auch das noch darzu gesagt; Sie müsten immer frisch Gifft-Pulver haben. Hier (thut hinzu Bodinus an angezogenem Ort) in dieser Geschicht ist zu mercken; Daß die Zauberer und Hexen verbunden gewesen / dreymahl deß Jahrs dem Satan solche Opffer zu thun / und daß der Widersacher Gottes das Opffer mit dem Bock im Alt. Test. so Levit. 16. beschrieben wird / auch das Gebot / daß alles was Männlich ist dreymahl deß Jahrs bey den dreyen ordentlichen hohen Festen erscheinen solle / mit seiner dreyen zauberischē Tagesätzung habe spotweise nachgespielet.

Es ist auch die Summa oder Extract der Fragstück / so den Hexen von Longny (welche mit Feur lebendig verbrent worden) in peinlichem Examine sind proponiret und fürgehalten worden / von Adriano Ferreo Generali Regis Vicario zu Laoco in Schrifften verfasset / darauß wil ich etliche confessiones oder Bekantnuß anhero setzen.118 Margarita Bremont Noëlis Lavereti Weib hat bekant und außgesagt. Sie sey auff einen Tag gegen der Nacht mit ihrer Mutter Maria in den Convent der Zauberer und Hexen / so bey der Mühlen Franquis von Longny auff einer Wiesen gehalten worden / kommen. Dann es hatte ihre Mutter einen Beesem zwischen die Bein genommen / und etliche Wörter (welche alhier billich außgelassen werden) gesprochen / so[287] weren sie alsobald allebeyde zu demselben Convent geführet worden / daselbst hetten sie gefunden Ioannam Robert, Ioannam Guillemin, Mariam Simonis von Lamb Haußfrau / und Guileman eines den man mit Namen Graso nennete / Eheweib / eine jede mit ihrem Beesem / und dahin weren auch sechs Teuffel in Menschen Gestalt / aber doch scheußlich anzusehen / kommen. Nach gehaltenem Tantz hetten die Teuffel bey ihnen geschlaffen. Da hette auch der eine / welcher mit ihr an Tantz gegangen / sie genommen / zweymahl geküsset / und länger als eine halbe Stund bey ihr geschlaffen / biß entlich ein eißkalter Saame von ihm gangen. Gleicher gestalt hat auch Ioanna Guillemin außgesagt / und bekant / daß einer eine gantze halbe Stund mit ihr zu thun gehabt / und sey auch entlich ein gar frigidum Semen von ihm kommen.

Im Land Pictoirs hat König Carolus IX. im Jahr 1571. einsmahls / nachdem er zu Mittag Taffel und seine Königliche Mahlzeit gehalten hatte / den beruffenen Zauberer Triscalanum, damit er auff die ihm zugesagte Gnad, seine Mitschuldigen und complices angebe / für sich bringen lassen.119 Dieser hat in Gegenwart deß Königs und vieler andern Fürsten und Herrn bekant und außgesaget die gantze Gelegenheit /wie es mit den Magis oder Zauberern allenthalben bewant und beschaffen;[288] Wie und waserley Gestalt sie zu ihrem Convent und Versamlungen kämen / und dahin geführet würden: Item / was für einen Tantz sie pflegen zu halten; Wie sie dem Satan opfferten / und wie sie darnach / nach Verrichtung dieser Ding bey den Teuffeln / welche überal mannliche und weibliche Gestalt an sich hatten / schlieffen und Unzucht pflegten. Er sagte auch noch das darzu / daß ein jeder Zauberer und ein jede Hex / von seinem Buhler etliche Pulver überkommen / mit denen sie die Menschen und Vieh tödteten / und umbs Leben brächten / und die Früchte auff dem Feld beschädigten und verderbeten.120 Als sich nun über solchen Reden jedermann nicht gnugsam verwundern konte / sagte der wolgeborne Herr Caspar von Colligin Admiral in Franckreich / (welcher dazumahl gleich auch am Königlichen Hoff war / und diesem Verhör beywohnete) von einem Jüngling im Land Pictow / welcher vor etlichen Monden gegriffen und beschuldiget worden / daß er zween von Adel umbracht hette. Dieser hette bekand / daß er der zween Junckern Junge und Diener gewesen / er hette aber von ihnen einsmahls gesehen / daß sie etliche Pulver in etlicher Leute Häusser / und auff die Saat / und auff die Aecker geworffen / und diese Wort darzu gesagt: Maledictio in istos fructus, in istam domum, in istam regionem: Maledeyung über dieses Hauß / Land[289] und Aecker. Als er nun auch ohngefähr über solch Pulver kommen wäre / helle er es auch genommen und auff das Beth gestreuet und geworffen / darinne die zween Edelleute seine Junckern / hetten pflegen zu liegen / und darauff weren sie allebeyde deß Morgens früh im Beth sehr auffgeblasen und auffgelauffen / und kohlschwarz todt liegend funden worden. Auff solchen Bericht und Außsage hat die Obrigkeit denselben Jungen oder Diener der zweyen Edelleute absolviret und loßgegeben. Als der obgedachte Zauberer diese Geschicht gehöret / hat er angesangen / und gar viel mehr dergleichen Fäl und wunderbarliche Händel erzehlet. Es ist aber wol daran kein Zweiffel / wann der König (welcher dazumahl gar gesundes starckes und vermögendes Leibes gewesen) diesen Zauberer / als den Obersten und das Haupt derselben / nebenst andern seinen asseclis und Mitschuldigen hette ihr Recht thun / und mit Feuer verbrennen lassen / GOTT der almächtige und gerechte Richter würde ihm vor ein solch rechtmässig und billich Urtheil und Gericht / ein desto länger und glückseliger Leben und Wolfahrt gegeben haben. Dann GOttes Wort ist wahr und gewiß / wer einen Ubelthäter / der deß Tods schuldig ist / loß gibt / daß derselbige ihme die Straff desselbigen Mißhandlers über seinen Hals ziehe / wie der Prophet zu dem[290] Achab gesagt hatte / daß er / weil er einem / der deß Tods würdig und werth war / Gnad erzeiget hatte / selbst darumb deß Tods sterben solte.

Quelle:
Praetorius, Johannes: Blockes-Berges Verrichtung. Leipzig, Frankfurt 1669, S. 281-291.
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