Achter Auftritt

[177] Wurzel. Lorenz.


WURZEL. Ja wohl gute Nacht. So weit hab ichs gebracht! Lorenz, gib mir einen Spiegel! Lorenz gibt ihm den Spiegel, er sieht hinein. Ah, die Positur! jetzt kann ich in der Häßlichkeit Lektion geben. Nein, ich halts nicht aus, ich geh durch! Will fort. Es geht nicht, ich hab 's Podagra! Lacht verzweifelnd. Haha, nichts mehr hoto!

LORENZ. Freilich, lieber tschihi ins Bett.

WURZEL. Was hängt denn da für ein Habersackel? Hab ich denn ein Kropf?

LORENZ. Nu, und das was für ein, als wenn S' einen Suppentopf gschlückt hätten. Ui je! jetzt haben S' einen buckeligen Hals!


Lacht.


WURZEL. Ich glaub, der Kerl lacht mich noch aus?

LORENZ. Nein, einen Neid werd ich haben, wegen den.[177]

WURZEL auffahrend. Der Neid? das ist ein schöner Spitzbub. Ja, der ist an mein Unglück schuld, und jetzt laßt er mich sitzen. Was hab ich jetzt von dem verdammten Geld? Ich kanns ja nicht genießen. Ich wirfs zum Fenster hinaus, vielleicht wird wieder alles wie vorher.

LORENZ. So sein S' doch gscheid. Wann S' Ihren Reichtum verwünschen, so ist er ja hin. Sie haben mir es ja selbst erzählt.

WURZEL. Und er soll hin sein, ich will ihn nimmer haben, hab ich meine Schönheit verloren, so will ich auch nimmer reich sein, ich will lieber arm sein und gsund. Hör mich, du verdammter Neid, nimms, dein Geld, ich mags nimmermehr. Oh, wär ich nur, wo ich hingehör, wär ich nur bei die Meinigen!


Ein Blitzstrahl fährt herab. Schnelle Verwandlung in ein düstres Tal, an der Seite ein Teil der halbverfallnen Hütte Wurzels. Die vordere Gegend ist finster gehalten und herbstlich mit gelben Blättern. Zwischen zwei sehr dunkel sich hereinlegenden Bergen erhebt sich in der Mitte ein hoher Gletscher. Der Sitz von Samt, auf welchen Wurzel nach seiner Verwünschung zurückgesunken ist, verwandelt sich in einen Baumstamm. Er und sein Diener verwandeln sich in arme Bauern. Neben Wurzel liegen ein paar große Ochsen, worein sich zwei Seitenkredenzen verwandelten, und mehre andere weiden auf dem Berg und perspektivisch in den Wald hinein, daß es das Ansehen einer weidenden Herde hat. Die Musik drückt das Brüllen der Ochsen aus.


LORENZ. So, da haben Sies, Sie übermütiger Ding! Jetzt sind S' bei die Ihrigen.

WURZEL. Die haben doch eine Freud über mich, wenn s' mich sehen. Gelts, meine Kinder? Ochsengebrüll. Ein Gaisbock meckert auf einem Felsen. Das ist eine rührende Anhänglichkeit. Alle Ochsen weinen über mich!

LORENZ. Und ich wein doch nicht.

WURZEL. Hast denn kein Gefühl? Schamst dich denn nicht vor die Ochsen? die werden sich was Schönes denken von dir, du undankbarer Bursch du!

LORENZ. Was wär das? Kein Geld mehr haben und grob auch noch sein? Ah, jetzt muß ich andre Saiten aufziehen. Was glaubst denn du, grober Mensch? Du hast ja nichts[178] mehr, schau s' an, dein verfallne Hütten. Da steht s' jetzt, dein Palast, wo die Mäus Frau Gvatterin leih mir d'Scher spielen. Z' gut ists ihm gangen, z' übermütig ist er worden, und jetzt ist alles hin, aber alles, sein Sach und mein Sach. Weinerlich. Ich bin nur ein armer Dienstbot, und er bringt mich um das Meinige. Ist denn das eine Herrschaft? Jetzt hab ich ihn drei Jahr lang betrogen, und jetzt hab ich nicht einmal was davon.

WURZEL. Weil dich der Himmel bestraft hat dafür!

LORENZ. Wenn du dich noch einmal unterstehst, und kommst mir unter die Augen, so reiß ich einen Felberbaum aus und wichse dich damit herum, daß d' an mich denken sollst, du verdorbener millionistischer Waldhansel du!


Geht ab.


WURZEL. Ist jetzt kein Mensch mehr da, der mir eine Grobheit sagt?


Quelle:
Ferdinand Raimund: Sämtliche Werke. München 1960, S. 177-179.
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