Zwölfter Auftritt

[532] Verwandlung. Eine reizende Gegend, im Hintergrunde ein klarer See, von lieblichen Gebirgen eingeschlossen. Rechts ein Fels, über ihm der Eingang in Cheristanens Felsenhöhle, vor welcher sie in ihrem früheren Kostüm, doch ohne Krone steht und in die Ferne blickt.


CHERISTANE. Nun hat er bald die steile Höh erklommen und wird den süßen Blick nach Minnas Hütte senden, von der er wähnt, daß sie sein Liebstes stets umschirme. So mag er denn zum letztenmal sich ihres Anblicks freuen.


Kurze Musik. Sie verwandelt sich in ein liebliches Bauernmädchen, im italienischen Geschmacke zart gekleidet, und sinkt rasch in den Fels, welcher zu einer freundlichen Hütte wird, die von Reben und Blumen umrankt ist und aus deren Tür sie schnell überraschend tritt. Zugleich verwandeln sich die Kulissen in orientalische hohe Blumen und goldgesäumte Palmen, die noch praktikabel gegen die Mitte der Bühne reichen. Nachdenkend setzt sie sich im Vordergrunde auf eine mit Blumen behangene Rasenbank.


Ach! selber darf er sich nur warnen,

Mit Glück und Unglück selbst umgarnen,[532]

Und da er frei von allen Schicksalsketten,

Kann er nur selbst von Schmach sich retten.


O trüber Schicksalsspruch, der einem Kinde Flügel leihet und sie seinem Engel raubt.


Quelle:
Ferdinand Raimund: Sämtliche Werke. München 1960, S. 532-533.
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