Scena IV

[8] Charlotte und die Vorigen.


CHARLOTTE. Ihre Dienerin, Frauenzimmer.

MELINDE. Schönen Dank, wie denn so lustig?

CHARLOTTE. Weiß Sie was Neues?

MELINDE. Was denn?

CHARLOTTE. Itzund ist meine Frau Mutter vor ins Gewölbe gegangen und holet mir und meiner Schwester roten Damask zu neuen Kleidern.

MELINDE. Ich vermeinte, sie hätte euch noch keine wollen machen lassen?

CHARLOTTE. Sie hatte freilich keine Ohren darzu, alleine wir vermaßen uns bei Teufelholen nicht ehe wieder in die Kirche zu gehen, bis wir neue Kleider hätten.

EDWARD. Sie setzen doch den Kleiderdiskurs an die Seite, und sage mir Jungfer Charlotte, was ich von diesen Frauenzimmer unlängst zu Ihr Nachteiliges geredet.

CHARLOTTE. Was will Er denn?

EDWARD. Sie fragen nur Mademoisellen hier, Weiset auf Melinden. so werden Sie von derselben die beste Nachricht erhalten.

CHARLOTTE. Ich weiß von nichts.

EDWARD. Wenn es mit Leugnen ausgerichtet ist; Zu Melinden. Mademoiselle, Sie sagen doch in Gegenwart Jungfer Charlotten hier, was sie mich beschuldiget.

MELINDE. Daß Er mich soll so durchgenommen haben und viele Klebefleckchen angehänget, da ich Ihn doch die Zeit meines Lebens nichts zuwider getan.

EDWARD. Von wem hat Sie solches?[8]

MELINDE. Hier von Jungfer Charlottchen.

EDWARD. Jungfer Charlotte, wenn Sie dieses von mir gesaget, so hat Sie solches geredet wie eine Hure.

CHARLOTTE. Ei, das will ich meiner Frau Mutter sagen, daß Er mich eine Hure geheißen. Läuft behende ab.

MELINDE. Sie verziehe doch, Jungfer.

EDWARD. Wenn sie sich gerecht wüßte, der Henker würde sie nicht wegführen.

MELINDE. Monsieur nehme solches nicht ungütig, daß ich Ihn deswegen zur Rede gesetzt; weil ich aber sehe, daß Er unschuldig, und Charlotte nur solches erdacht, so hege ich deswegen keine Feindschaft gegen Ihn. Allein Charlottens Konversation will ich mich nicht alleine gänzlich entziehen, sondern es soll mich auch kein Mensche vor ein ehrlich Mädchen halten, wenn ich mein Lebetage wieder in ihr Haus kommen will.

EDWARD. Das können Sie nun halten, wie Sie wollen. Unterdessen rekommendiere ich mich zu dero beharrlichen Affektion.

MELINDE. Und ich verbleibe Monsieur schuldigste Dienerin.


Gehen an unterschiedenen Orten ab.


Quelle:
Christian Reuter: Werke in einem Band. Weimar 1962, S. 8-9.
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