808. Schloß Beutelstein.

[331] Von LudwigSchandein. – Westricher Mundart.


E' Märe rut im Gras im Dal,

Das arem Kinn hot Not un Qual:

Gestorb is sei' Vatter, sei' Motter.


Un all sei' Troscht uf dere Welt

Den hot's uf seine Schatz gestellt:

Doch leidt es net Vatter, net Motter.


Voll Mürigkät do nuckt es ei',

Was Wunners werd nor an em sei':

Wie hoppelt so hortig sei' Herzche!


Uf ee'mol hupst es in die Heh,

De' Berg enuf un rasch wie's Reh:

Ei werd es sei' Glück wul verbasse?


»'s is wärlich wor, s' is alles so,

Mei' Tram der hot mich net beloh:

Do blüt jo der wunnerlich Garte!«


Un's siet un sucht net lang erum,

Es brecht sich schun die Schlüsselblum:

Do brecht es e' goldige Schlüssel!


Am Dehrche kloppt es dreimol an,

Hot dann der Berg sich ufgedan:

Un uf is gedan do der Himmel!


Nor Marmelstee' un Helfebee',

E' Laschter Gold un Erelstee':

Es siet sich net satt an de Wunner.


Un 's traut sich net un will net vor,

E' Stimmche ruft: »Ei nemm der nor:

's is alles for dich un dei' Schätzche!« –


Es weß net was es wäle soll,

Do rafft es seine Schorz sich voll:

Ei hot's doch de' Schlüssel an's Dehrche!


»Nau' bin ich reich un bin ich frei,

Un wann ich will is Hochzig glei;

Doch baße mer zwe noch sesamme?« –


So kummt's erauser, nor e' Nu –

Un hinnig em is 's Dehrche zu:

Es hauser, un – drei' is der Schlüssel!
[331]

Un net genunk, 's is meh dermär,

Es sucht un sucht – sei' Schorz is leer:

Un trauerig schlockert's enunner.


Un's Märe rut im Gras im Dal,

Sei' Gram is gros un gros sei' Qual:

Es hot jo ke' Vatter, ke' Motter.


Un all sei' Troscht uf dere Welt

Der freit e' Braut mit Gut un Geld:

So will es sei' Vatter, sei' Motter.


Geschiet is das uf Beurelstee',

So siet m'r heut ke' Blümche meh:

Ke' Schlüssel se hewe de Wunner.

Quelle:
Alexander Schöppner: Sagenbuch der Bayer. Lande 1–3. München 1852–1853, S. 331-332.
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