Dichterwonne

[10] Dem Herrn Forst-Conservateur v. Wildungen geweiht


Heil dem Dichter, eine Stralenkrone

Weiht auf ewig ihn zum Göttersohne,

Auf der Morgenröthe wandelt er,

Kühn sich tauchend in der Sonne Meer.


Unaufhaltsam wird er hingezogen

Zu der Hippokrene Silberwogen;

Seinen Geist erhebt mit Adlerschwung

Zu den Sternen die Begeisterung.


Flammen lodern, Feuer hebt den Busen,

Zarte Lichtgestalten holder Musen

Stimmen seiner Lyra Silberton;

Selig ruht er auf dem Helikon.


Da umfasst in süssen Sympathieen

Er der Erdenkreise Harmonieen,

Walten sieht er sie vom Sternenplan

Bis hinab zum grauen Ozean.


Aus dem Nebelthal der Schatten-Träume

Schwingt er sich empor in Sonnen-Räume:

Einen Himmel in der reinen Brust,

Flieht er leicht den Taumel niedrer Lust.
[11]

Da, wo Tausend kalt vorüber gehen,

Fühlet er des Mitleids zarte Wehen;

Seiner Brüder Wonnen, ihren Schmerz

Theilt gerührt sein leicht bewegtes Herz.


Alle Blüthen, die im Glanze schwimmen,

Werden seinem Herzen Morgenstimmen;

Hymnen tönen von der Harfe Klang,

Die Empfindung wird ein Hochgesang.


Die Natur jauchzt laut in seine Freuden,

Kalte Steine fühlen seine Leiden;

Sternenauen, Strom und Thal und Hain

Stimmen laut in seinen Hymnus ein.


Jubel tönt die goldbeschwingte Leier

In den sel'gen Stunden hoher Feier;

Klagend singt ihr sanftes Zauberspiel

In der Wehmuth tiefes Schmerzgefühl.


Ihn umschweben zarter Lieder Seelen,

Einen Chorus singen Philomelen,

Wenn er sinnend an dem Bache ruht,

Steigen Friedens-Inseln aus der Flut.


Ihn umschlingt ein Chor von Amoretten

Mit der Liebe süssen Blumenketten;

Ach auf Erden ist kein Glück so gross,

Als das seine, ruht er ihr im Schoos!
[12]

Wiegend auf der Morgenröthe Stralen

Lauscht er selig Orpheus süssen Quaalen;

Blüthen aus der Abendröthe Licht

Werden Kränze, die er sinnend flicht;


Aus des Aethers Düften webt er Rosen,

Weste spielen schmeichelnd ihn zu kosen,

Zarter Nympfen Reigen schwebt im Duft,

Goldne Ströme wallen durch die Luft.


Selig! selig, wer vom Erdenthale

Sich erhebt zum höhern Jdeale!

Von den eignen selbst geschaffnen Höhn

Sieht er ruhig Welten untergehn!


Dir, o Freund! gab einst Apoll den Segen,

Seine Blüthen wehen Dir entgegen,

Schmücke Dich mit ihrem schönsten Kranz,

Bis zum späten letzten Horen-Tanz!

Quelle:
Elise Sommer: Gedichte, Frankfurt a.M. 1813, S. 10-13.
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