Fünfter Auftritt.

[268] Clärchen, Nikolaus.


NIKOLO. Sakkerlot Jungfer, mit so einem Briese schick' Sie mich nicht mehr, das bitt' ich mir aus.

CLÄRCHEN. Nun? wie so?

NIKOLO. Entweder Sie kann hexen oder der Brief war behext.

CLÄRCHEN. Sag' Er mir nur was Er damit will?[268]

NIKOLO. Sakkerlot was ich will? Ich will nichts auf der Welt, aber der Brief hat etwas wollen.

CLÄRCHEN. Aber so red' Er nur gescheid!

NIKOLO. Sakkerlot gescheid! bin ich etwan ein Narr? Nein Jungfer, das bin ich nicht, denn ich habe die Narren unter mir, und wer die Narren unter sich hat, kann selbst keiner seyn, versteht Sie mich? Also bin ich gescheid, und Sie muß mich zu keinem Narren machen wollen, versteht Sie mich?

CLÄRCHEN. Ums Himmelswillen, das will ich ja nicht. Er ist der klügste Mensch auf Gottes Erdboden meinthalben, aber sag' Er mir nur was es mit dem Briefe für eine Bewandniß hat? hat Er ihn abgegeben?

NIKOLO. Das glaub' ich, aber was es für eine Bewandniß damit hat, das muß Sie besser wissen, als ich. Genug, richtig ist's damit nicht, das sag' ich Ihr im Vertrauen, wenn Sie ja nichts davon weiß. Denn ich traf den Herrn klug und vernünftig an, wie es ein guter Christenmensch seyn muß; und da ich ihm sagte, daß ich von Ihr einen Brief zu überbringen hätte, war er voll Freuden, und nahm mir ihn selbst aus der Hand; kaum hat er aber ein paar Worte drinn gelesen, so schrie er: Unglücklicher! was bringst Du mir da? Ich wollt' ihm sagen, daß ich's nicht wüßte, er aber riß sich die Haare übern Kopf herunter, schlug sich mit der Faust auf die Stirne, lief wild herum und schrie: Verloren! verloren![269]

CLÄRCHEN. Ums Himmelswillen Seine schönen Haare – – –

NIKOLO. Ja die hängen itzt wie Wixelzöpfe über's Gesicht herunter. Ich lief davon; er lief mir aber nach, und hier beym Hause wurde er wieder ein wenig vernünftig, und bat mich, ich sollt' ihn mit hereinnehmen, weil er nur ein paar Worte mit Ihr sprechen wolle. Das that ich, weil ich mir dachte, wenn er auch hier wieder ein Prarismuß kriegt, so sperrt man ihn gleich ein.

CLÄRCHEN. Wie? er ist hier?

NIKOLO. Ja draußen steht er.

CLÄRCHEN. O so laß Er ihn doch daher kommen. Bleib' Er aber in der Nähe, und geb' Er acht, daß uns niemand trist.

NIKOLO. Sakkerlot ich werde ja. Aber geb' Sie auch acht, denn wenn er ansängt die Augen zu rollen, so ist's Zeit; da geb' Sie mir nur ein Zeichen, ich werde gleich bey der Hand seyn, und wir packen ihn gerade da ein. Geht ab, und läßt Albert herein, unter der Thüre sägt er zu ihm. Nun, herein, aber gescheid! sonst – – –


Quelle:
Karl Ditters von Dittersdorf: Die Liebe im Narrenhause. Liegnitz 1792, S. 255–350, S. 268-270.
Lizenz:
Kategorien: