7. Ie dunkeler/ ie besser

[95] 1.

Hab' ich was der Nacht zu danken/

gilt es dir drum/ Föbe/ nicht.

Deinetwegen/ Gramhafft Licht/

hätt' ich ewig müssen kranken.


2.

Dein verrähtrisch Silber-feuer

hat mir offt geschnitten ab/

was mir Venus willig gab/

mir/ mir sonst verlaßnem Freyer.


3.

Buhler suchen ihr Vergnügen

in der stillen Finsternüß/

durch dich hätt' ich nimmer diß/

was ich kriegte/ können kriegen.


4.

Nu du deinen Straal verborgen/

und der Nebel dich umschloß'

hielt mich meiner Liebsten Schoß

eingehüllet biß an Morgen.


5.

In den wild- und wüsten Gründen/

wo kein Mensche dich verrieth/

durffstu wol/ wie man dich sieht/

beym Endimion dich finden.


6.

Wo die Neider Wache stehen/

kömmt der Schatten mehr zu paß/[96]

will ein Reisender/ so laß

ihn durch deine Blizze gehen.


7.

Was ich wüntsche zu erjagen

kan ich fangen sonder Licht.

Meinetwegen dürffstu nicht

Gold an deinen Wangen tragen.


8.

Wirstu aber ferner funkeln/

sprech' ich gar Medeen an/

die soll dich an deiner Bahn

auch in einem Hui verdunkeln.


9.

Nacht/ du süsse Nacht/ mein Leben/

Leben/ Nacht/ du süsse Nacht/

du hast mich vergnügt gemacht/

ewig sey dir Dank gegeben!


Quelle:
Kaspar Stieler: Die geharnschte Venus, Stuttgart 1970, S. 95-97.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Schnitzler, Arthur

Der Weg ins Freie. Roman

Der Weg ins Freie. Roman

Schnitzlers erster Roman galt seinen Zeitgenossen als skandalöse Indiskretion über das Wiener Gesellschaftsleben. Die Geschichte des Baron Georg von Wergenthin und der aus kleinbürgerlichem Milieu stammenden Anna Rosner zeichnet ein differenziertes, beziehungsreich gespiegeltes Bild der Belle Époque. Der Weg ins Freie ist einerseits Georgs zielloser Wunsch nach Freiheit von Verantwortung gegenüber Anna und andererseits die Frage des gesellschaftlichen Aufbruchs in das 20. Jahrhundert.

286 Seiten, 12.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon