3. Nacht-Glükke

[126] 1.

Willkommen Fürstinn aller Nächte!

Printz der Silber-Knechte/

willkommen/ Mohn/ aus düstrer Bahn

vom Ozean!

Diß ist die Nacht/ die tausend Tagen

Trozz kan sagen:

weil mein Schazz

hier in Priapus Plazz'

erscheinen wird/ zu stillen meine Pein.

Wer wird/ wie ich/ wol so beglükket sein?


2.

Beneidet himmlische Laternen/

weiß-geflammte Sternen/

mit einem schälen Angesicht'

ach! mich nur nicht.

kein Mensch/ als ihr nur möget wissen/

wie wir küssen:

alle Welt

hat seine Ruh bestellt/[126]

wir beyde nur/ ich und mein Kind/ sind wach/

und/ Flammen/ ihr an Bronteus Wolken-dach'.


3.

Es seuselt Zefyr auß dem Weste

durch Pomonen äste/

es seufzet sein verliebter Wind

nach meinem Kind'.

Ich seh es gerne daß er spielet

und sie kühlet/

weil sie mir

folgt durch die Garten-Tühr/

und doppelt den geschwinden Liebes-tritt.

Bring/ West/ sie bald und tausend Küsse mit.


4.

Was werd' ich wenn sie kömmt gegangen/

an- doch erstlichst -fangen/

Küß' ich die Hand/ die Brust/ den Mund

zur selben Stund'?

Ich werd' (ich weiß) kein Wort nicht machen/

so viel Sachen/

die an Zier

den Göttern gehen für

und auff diß Schönchen sein gewendet an/

erstaunen mich/ daß ich nicht reden kan.


5.

Komm/ Flora/ streue dein Vermügen

darhin/ wo wir liegen!

Es soll ein bunter Rosen-hauf'

uns nehmen auff/

und/ Venus du sollst in den Myrten

uns bewirten/

biß das Blut

der Röht' herfür sich tuht.[127]

Was Schein ist das? die Schatten werden klar.

Still! Lauten-klang/ mein Liebchen ist schon dar.


Quelle:
Kaspar Stieler: Die geharnschte Venus, Stuttgart 1970, S. 126-128.
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