[141] Dem Unbehobeltem und Nakkendem Garten-Gözzen Priapus/ opffert dieses leztere Zehen durch gegenwertige Zueignungs- Schrifft Filidor der Dorfferer.


Vor grobes Eichen-Holz/ nu treuer Garten-wächter/

Priapus/ den das Volk der Jugend ehrt und liebt

die Jungfer lauschet an mit schmunzelndem Gelächter

Nim diß mein Opfer hin/ daß eine Hand dir gibt

die deinem Schöpfer gleicht. Der Lenz bricht dir Violen

und macht auß buntem Mohn dir einen Blumen-Kranz/

die Zeres pfleget dir ein Weizen-bund zu holen/

die frohe Winzer-schaar tuht um dich manchen Tanz/

und schenkt dir roten Wein/ der Winter windet Sträuche

von dem Oliven-Laub' und schlachtt sein junges Vieh

vor deinem Erd-Altar. Ich lobe die Gebräuche

und stelle mich auch ein zu küssen deine Knie[141]

wiewol du keine hast. Zwar bring' ich schlechte Reime

doch trozzen sie den Lentz/ Herbst/ Sommer/ Winters-Zeit.

Nimstu sie gütig an: so sollen deine Bäume

von Wurm und Donnerschlag und Dieben sein befreyt/

Es soll die Schlangen-Zucht auß deiner Hütten weichen

kein Dorn noch Nessel-strauch verlezzen deine Brust/

ein dikk-beschattend Laub soll dir Beschirmung reichen

vor aller Sonnenhizz und schaffen kühle Lust/

der Nordwind sol dich nie mit rauhem Schnee bewehen/

es soll kein Zapffen-eyß beschweren deinen Bart/

du sollst den Zedern gleich die feulung überstehen

und halten in der Gluht auß auff Demanten-Art.


Hamburg den 20. Augustm. 1657.


Filidor.

Quelle:
Kaspar Stieler: Die geharnschte Venus, Stuttgart 1970, S. 141-142.
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