Leipzigs Schlacht

1813.


Ode.


Wie Aetna's Wucht belastet die Riesenbrust

Des Typhon – zuckt er, dumpf das Gebirg' erkracht

Mit Kluft und Hainen; stöhnt er, Wolken

Wirbeln empor sich mit Asch' und Flammen –


So lag des Grames Bild auf der Seele mir

In jener schwarzen Stunde des Strafgerichts,

Die ausgoß ihres Zornes Schaalen

Ueber den Busen des Vaterlandes.


Nun kränze deine Locken, Germania,

Dein Haupt erhebe hoch und dein Aug' umher,

Dein großes, blaues Auge! Welch ein

Morgen verscheuchte die Nacht des Drangsals!
[283]

Ihr Vortrab schwärmte längst in der Dämmrung Graun,

Ein täuschendes Gewimmel von Geisterchen

Des Irrsals, Schwindels, gleich umflatternd

Tempel und Thron und des Schreiblers Lampe.


Schlau ihren Apfel hatt' in die Völkerschaar

Des Einen Urstamms Eris-Tisiphone

Geworfen, und der Zwietracht Saaten

Ernteten Jene, die nun verstäubt sind,


Wie Sand des Heerwegs! Siehe, wie starren dort

Gefild' und Ströme, wo sich die Hord' ergoß

In Roßbachs Flucht, von Leichen, Waffen

Fernhin geschleudert und Geier-Fahnen!


Ja Geier sind es! Nenne nicht Adler sie,

Du deutsche Zunge! Geier! und Hornisse,

Nicht Bienen sind's, die nun den Prunkschild –

Blühender Lilien einst – umschwirren.


Gab Moskow's Schlitten Flügel dem Fliehenden?

Ha Xerxes Nachen! – als Er im Huy dem Heer

Den Rücken kehrte, Held und Klepper

Reichend in Angst vor des Treibers Geißel!
[284]

Die Rach' erkohr Ihn! Unter des Corsen Fuß

Gestampfet, solltest büßen du, Gallia,

Das Blut der Bessern, die zum Schmaus des

Thronenden Pöbels dein Mordstahl würgte.


Verduftet war die Würze des Mörderspiels,

Da schwoll empor Er selber die lebende –

Verzeih mir's, Muse! – Guillotine,

Schleppend zur Schlachtbank auf Heerschaar Heerschaar;


Bartloser Fäntchen Schwärme, wie Abendhauch

Die Mückenwolke, jagend zum Acheron,

Von Heerd und Pflug, gleich Südpols Wilden,

Fällend den Baum um die Frucht zu naschen.


Bist deutsch nun, Vater Rhein! doch erzürne nicht,

Wenn ich den Wonnebecher bei'm Kaiserfest,

Das unserm Franz mit freier, deutscher

Krone noch einmal die Schläfen gürtet,


Statt deines Goldes fülle mit Purpurwein,

Den, säh' er meinen Jubel – o lächle nur –

Mir durch Garonna's Nymph' als Feirtrunk

Sendete Wellington, Englands Blücher!

Quelle:
Gesammelte Werke der Brüder Christian und Friedrich Leopold Grafen zu Stolberg, Band 2, Hamburg 1820, S. 281-285.
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