An eine schöne, junge-Edelfrau

1816.


In ihr Stammbuch.


Gaben der Grazien spendeten Dir und der Musen die Götter,

Eucharis, dankbar empfang, ernst und gerührt ihr Geschenk.

Hoch aus den Wolken strahlet das Ziel des geweiheten Köchers,

Jedem siegenden Pfeil sproßet die Palme des Lohns.

Doch in der Sterblichen Händen sind furchtbar die Göttergeschosse! –

Warnend, ihr Opfer, erschien Held Philoctetes mir einst,

Er, der verwundet vom eignen der immertreffenden Pfeile,

Er, dem der einsame Strand Hörer der Klagen nur war. –[328]

»Wer erscheinet wohl mir?« So fragte lächelnd die schöne

Frau, und ihr zauberndes Wort rief die Erscheinung hervor.

Tyndarus Tochter war es, geschmückt mit dem Gürtel Cythera's,

Doch in dem Himmel des Aug's trübte die Reue den Blick:

»Siegerinn war auch ich und zündete Flammen, daß Troja

Loderte, ach und es sank Priams Heroen-Geschlecht.«–

Schone, Helena, schon'! es ergötzt an Entflammungen sich ja

Eucharis nicht, die so gut, strebt wie sie schön ist zu seyn.

Quelle:
Gesammelte Werke der Brüder Christian und Friedrich Leopold Grafen zu Stolberg, Band 2, Hamburg 1820, S. 321-322,328-329.
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