[Stets singt und jubelt der Venetianer]

[269] Stets singt und jubelt der Venetianer,

Ihn stören kaum die Säulen alter Tage,

Die ihn umragen, steinerne Ermahner!


Hier schwimmt Musik im Silberwellenschlage

Und die Piazza trieft von Licht und Leben,

Verloren scheint die Sage und die Klage!


Mich aber packt ein innerstes Erbeben,

Seh' ich um dieses wimmelnde Gewürme

Die alte Pracht ihr fürstlich Haupt erheben!


Wie dumpfer Vorwurf tönt der Mund der Türme,

Und von dem Meere durch des Löwen Mähne

Ergeht ein Wehen längst verbrauster Stürme!


Hinaus, hinaus, wie stille, schwarze Schwäne

Ziehn dort die Gondeln, draußen ist es stille,

Ich muß im Stillen weinen eine Träne:


Venedig fiel, das war, o Herr, Dein Wille! –

Quelle:
Moritz von Strachwitz: Sämtliche Lieder und Balladen, Berlin 1912, S. 269-270.
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