[17] VALENTIN mit einer Malzschaufel.
Was soll's, was gibt's?
FAUST in Krämpfen.
O hin zu dir! zu dir!
Nur einen guten Bissen reiche mir!
Nur einen guten Tropfen
Aus Malz und Hopfen!
Nur einen einzigen Pokal
Von dunkelrotem Spezial!
Nur einen! Reiche mir aus deinen Fluten
Nur einen kühlen Becher der Erquickung,
Ach, ich vergeh in diesen Lechzegluten,
Errette mich vom Qualtod der Erstickung!
VALENTIN zu Lieschen.
Zum Brunnen mit dem Eimer schnell,
Füll ihn mit Wasser aus dem frischen Quell,
Und übern Kopf schütt ihm die kalte Flut!
Ein Sturzbad ist in solchem Falle gut.[17]
LIESCHEN.
Ich weiß, das Physikalische
Wirkt öfters aufs Moralische;
Soll schnell geschehn, der Brunnen ist nicht fern,
Dabei denk ich der alten Zeiten gern.
Ab.
MEPHISTOPHELES die linke Hand an Faust, mit der rechten den Degen ziehend, zu Valentin.
Gleich nimm ihn mit dir, schenk ihm ein!
Wo nicht, sollst du des Teufels sein!
Den Degen sieh, mit dem ich dich gelähmt!
Gedenke, Lümmel, wie man dich gezähmt!
VALENTIN.
War keine Kunst, dein Degen war gefeit,
Der meine nicht, doch jetzt ist andre Zeit!
Gleich sind die Waffen hier
Im höheren Revier,
Mein Instrument ist himmlisches Ärar,
Ist zauberfest geweihtes Mobiliar!
Sie fechten.
MEPHISTOPHELES.
Verflucht, wie seine Schaufel saust!
Taumelt.
VALENTIN.
So, Hund, jetzt spür auch meine Faust!
Schlägt ihn.
Und hast du meine Faust gespürt,
So spüre, wie mein Arm umschnürt,
Wie er dich rüttelt, schüttelt, schnellt,
Zur Tür hinaus im Fluge prellt!
Er faßt ihn um den Leib, schüttelt ihn; Lieschen zurück, sie übergießt Faust.
FAUST.
Sie gießet, sie schüttet
Die himmlische Quelle,
Der Busen wird ruhig,
Das Auge wird helle!
[18] Valentin wirft mit einem Schüttelruck schnellend den Mephistopheles zur Tür hinaus. Faust zusehend.
Ei, wie der's kann! Recht so, hinaus!
Hinaus, hinab in seiner Hölle Graus!
MEPHISTOPHELES sich zurückwendend.
Frohlocke nicht, wenn ich für diesmal kusche,
Wart nur, wart nur, bis ich dich einmal dusche!
Buchempfehlung
In der Nachfolge Jean Pauls schreibt Wilhelm Raabe 1862 seinen bildungskritisch moralisierenden Roman »Der Hungerpastor«. »Vom Hunger will ich in diesem schönen Buche handeln, von dem, was er bedeutet, was er will und was er vermag.«
340 Seiten, 14.80 Euro
Buchempfehlung
Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Nach den erfolgreichen beiden ersten Bänden hat Michael Holzinger sieben weitere Meistererzählungen der Romantik zu einen dritten Band zusammengefasst.
456 Seiten, 16.80 Euro