Psalm. 61. Exandi deus

[661] Gebetpsalm vmb erhaltung der Christen, vnd für die Oberkeyt.


1.

O Herre Got, ich schrei zu dir

alhte auff erden in der not,

Wölst gnediglich erscheinen mit,

dann mich groß müh vmbgeben hat,

Sonst niemand ist

zu dieser frist[661]

dem ich mein not möcht klagen,

Wo du nit tröst

vnd nich erlöst,

muß ich in angst verzagen.


2.

Du bist mein trost vnd zuuersicht,

HERR, mich auff deinen felsen baw,

So mag der feind mir schaden nicht,

wann ich auff deine gnad vertraw.

Es hat fürwar

bei dir kein gfahr,

da mag mich niemand letzen:

Du starker thurn,

sie han verlorn

die sich wider dich setzen.


3.

Es ist, HERR, gut bei dir zu sein,

du höchster Got vnd trewer hort,

In deiner Christlichen gemeyn,

da man stedts hört dein heilge wort:

Da bei wöllstu

vns stedts vnd nu

vnder deinn flügeln schützen,

Behüt vns, HERR,

vor falscher leer,

sie mag vns ja nicht nützen.


4.

O Herre got, du belohnest wol

die da förchten den Namen dein,

Darumb man dich stedts loben sol,

du thust vns deiner hülffen schein.

Dein gnad ist groß

on alle maß

vnd steht auch all zeit offen

Der gnaden thür,

wer klopfft dafür,

den betrengt nit sein hoffen.


5.

Du gibst dem könige vil jar,

so bsteht das weltlich Regiment,

Wann duß beschützest gantz vnd gar

in gutem frid biß an das end:

Wöllst eynigkeyt

der Oberkeyt

vnd deinen segen geben,

Vndr jrem schutz

der gmeyne nutz

mit friden mögen leben.


6.

Das wöllstu vns durch deine gnad

erhalten, HERR, gantz seliglich,

Wies dein weißheyt verordnet hat,

das bitten wir von hertzen dich,

So wollen wir

zu ehren dir

stedts preisen deinen Namen,

Sol weit vnd breyt

all Christenheyt

singen gar frölich Amen.


Quelle:
Philipp Wackernagel: Das deutsche Kirchenlied von der ältesten Zeit bis zu Anfang des XVII. Jahrhunderts, Band 3, Leipzig 1874, S. 661-662.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Musset, Alfred de

Gamiani oder zwei tolle Nächte / Rolla

Gamiani oder zwei tolle Nächte / Rolla

»Fanni war noch jung und unschuldigen Herzens. Ich glaubte daher, sie würde an Gamiani nur mit Entsetzen und Abscheu zurückdenken. Ich überhäufte sie mit Liebe und Zärtlichkeit und erwies ihr verschwenderisch die süßesten und berauschendsten Liebkosungen. Zuweilen tötete ich sie fast in wollüstigen Entzückungen, in der Hoffnung, sie würde fortan von keiner anderen Leidenschaft mehr wissen wollen, als von jener natürlichen, die die beiden Geschlechter in den Wonnen der Sinne und der Seele vereint. Aber ach! ich täuschte mich. Fannis Phantasie war geweckt worden – und zur Höhe dieser Phantasie vermochten alle unsere Liebesfreuden sich nicht zu erheben. Nichts kam in Fannis Augen den Verzückungen ihrer Freundin gleich. Unsere glorreichsten Liebestaten schienen ihr kalte Liebkosungen im Vergleich mit den wilden Rasereien, die sie in jener verhängnisvollen Nacht kennen gelernt hatte.«

72 Seiten, 4.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Romantische Geschichten III. Sieben Erzählungen

Romantische Geschichten III. Sieben Erzählungen

Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Nach den erfolgreichen beiden ersten Bänden hat Michael Holzinger sieben weitere Meistererzählungen der Romantik zu einen dritten Band zusammengefasst.

456 Seiten, 16.80 Euro

Ansehen bei Amazon