Zu glückseliger heimführung der Kurfürstin, geb. Prinzessin aus Groß Britanien

[11] 1613.


Die erste strophe.


Als der Rhein für gewiß verstanden,

daß einer göttin treflichkeit

hielt seines fürstens muts freiheit

gefangen stark in ihren banden:

Hat er, beklagend solche lieb,

sich bald in sein gewölb beschlossen

und solche zäherflüß vergossen,

daß seine herschaft davon trüb.

Er führet Amors list zu herzen,

Leanders und Achilles schmerzen,

ja auch des Sarpedons unglück

verbleichen ihn all augenblick.

Indem ein seltsames getümmel,

berührend plötzlich sein gehör,

den abgrund füllend und den himmel,

bethöret seine seel noch mehr.


Die erste antistrophe.


Er stoßt, unwissend was geschehen,

sein haupt, ganz mosecht, aus dem fluß

und, fürzukommen dem verdruß,

will er, was solches sei, bald sehen.

Da sein gebünztes horn und haar

vil bäch hochsprützend stark ausgießen,

von seiner nasen und bart fließen

vil wasserzapfen lang und klar.[11]

Er sihet nun zu seinen seiten

ein heer, gleichsam bereit zu streiten,

er höret der trometen klang,

der kuglen fliegendes gesang.

Verwundrend sich ab solchem wunder,

daß ganz von blei ein hagel kam

mit solchem pracht, macht, kraft und dunder,

warum widrum die trum nu brum.


Die erste epod.


Seine forcht ließ er doch fallen,

da er manche Nymfelein

mit den Oreadelein

hörte ihre stim erschallen:

Die Najaden gleicher weis,

welche mit kunstreichem fleiß

ihre krause haar beschönet

und mit kleinoten gekrönet,

Schwomen in herzlichem wohn

mit dem Neckarn, so sie führte

und den auch ein grüne kron

und ein köstliches kleid zierte,

welcher mit klarem gesicht

seinen freind also bespricht:


Die andre strophe.


»Wie, großer freind, was will das sagen,

daß du allein in diser freid

nu rünzlest deine stirn mit leid,

als ob du ein ursach zu klagen?

Mein, mag es immer möglich sein,

daß dein gehör noch nicht vernommen,

wie dise stund alher soll kommen

der augen lust, der seelen schein?

Es ist ein fürstin, auserkoren,

von königlichem blut geboren,[12]

die gröste zier aus Engelland,

nu aber die erst in Teutschland;

Der pöfel pfleget sie zu nennen

die kurfürstin Elisabeth,

die aber, so sie besser kennen,

der schön und keuschheit mayestet.«


Die andere antistrophe.


»Sie ist allein, nicht zu vergleichen,

ein einige vollkommenheit

der sonnen nährende klarheit

muß ihrer augen klarheit weichen

Und wan ihr englische gestalt

die götter und die leut versehret,

die tugend alsdan bald verzehret

des bösen lusts sinn und gewalt.

Kurz, obwol ihren leib zu sehen

ihr Cypris selbs nach muste gehen,

ist sie doch Pallas in der stirn,

weil sie aus eines königs hirn

Entsprungen, der auf diser erden

an weisheit und gerechtigkeit

kan recht der erst gezählet werden,

ein wahrer phönix diser zeit.«


Der ander epod.


»Und die götter uns zum frommen

wolten, daß ihr zarte schoß,

achtend kaum Amors geschoß

würd von Hymen eingenommen,

Damit sie in disem land

ihre wunder macht bekant.

wan uns dan die götter lieben

sollen wir uns nicht enttrüben

Wegen einer solchen kunft?

so laß nun zu ihren füßen[13]

werfend uns in einer zunft

sie demütiglich begrüßen

mit dem süßen musikklang

und mit einem lobgesang.«


Die dritte strophe.


Durch dise wort ward bald entgründet

des Rheins angst, so allein erdicht,

daß er mit klarem angesicht

sich bald bei der gesellschaft findet

In einem tyrischen talar,

von gold und kleinoten umhangen,

will die princessin er empfangen

mit seiner grünblaulechten schar,

Darunder etlich sich erfreuen

und singend danzen einen reihen,

und andere mit blümelein,

mit myrten, gilg und röselein

Verschränkte sträuß und kränzlein binden,

und brennen zumal von begir,

bei disem einzug sich zu finden

und zu frolocken nach gebühr.


Die dritte antistrophe.


Hiezwischen komet mit verlangen

die kurfürstlich und edle stadt

da seinen lauf der Neckar hat,

ihr liebe fürstin zu empfangen,

Die dan mit großem pomp und pracht

mit vilen fräulein hergefahren

voll glanz, wie in der Nymfen schaaren

Diana leuchtet in der nacht.

Von perlein und von reichen steinen

ihr haupt und ihre kleider scheinen,

doch glänzet ihre schönheit mehr,

und ist sie selbs ihr gröste ehr:[14]

Gleichwie auch ihr liebreiche jugend

glanzreich in einem güldin stuck,

also zucht, gotsforcht, ehr und tugend

seind ihrer seelen wahrer schmuck.


Der dritte epod.


Um sie seind nu vil jungfrauen,

welcher schön und höflichkeit

nimmet leichtlich die freiheit

denen, welche sie anschauen.

Mäniglich ist nu voll wohn,

und durch zung und seitenton

die lüft um und um erschallen

ab dem gmeinen wolgefallen

Also daß die selen bald

durch die augen oder ohren,

in der stim oder gestalt

sich süßwilliglich verloren.

der Rhein mit dem Neckar fro

besprach sich damals also:


Die vierte strophe.


»Gleichwie, wan sich der winter endet,

Apollons fruchtbares gesicht

der erden hartes herz zubricht,

alsbald er gegen ihr sich wendet,

Und wie durch seinen glanz gemein

zumal von unsern seel und tagen

er kan die dunkelheit verjagen

mit seinem doppelt guten schein:

Also wan wir, o göttin, sehen

hie deiner sonnen glanz aufgehen,

empfindet unsre schwache brust

recht eines frühlings süße lust:

Und wir, so gnädiglich gewehret

hie diser deiner ankunft gunst,[15]

empfinden unsre kält verkehret

in ein klar angenehme brunst.«


Die vierte antistrophe.


»Und wiewol deiner tugend ehren,

umschwebend in der menschen mund,

uns zwungen, dich von herzengrund

für unsre fürstin zu begehren;

Wan dir auch unser fürst und herr,

glückselig fürohin zu leben,

sein herz dir opfrend übergeben,

da sein leib noch von dir gar ferr;

Doch könden wir jetz erst verstehen,

daß, was an dir die augen sehen,

ein menschliche zung nimmermehr

zu loben gnug geschickt gnug wär;

Und jetz erst werden wir recht innen,

wie er und wir durch den verlust

nur seines herzens (fro) gewinnen

mit deiner kunft glück, heil und lust.«


Der vierte epod.


»Dan wie kont er immer finden

einer schönheit gleichen brand?

und was ander seelenband

kont ihr wol so hart verbinden?

Sein aug liefert allezeit

seine seel deiner schönheit,

wa er sein gesicht hinkehret

wird dadurch sein lieb vermehret

Dan alle schönheiten sunst,

welche sich je vor euch neigen,

herrlich von natur und kunst,

thun nichts, dan ihm nur anzeigen,

wie vil dich der himmeln macht

treflicher dan sie gemacht.«


[16] Die letzte strophe.


»Derwegen will es sich gebühren,

Nymf, gleicher schönheit und fromkeit,

des Engellands anmutigkeit,

nicht zu vil zu gemüt zu führen:

Bedenk, wie lieb dich dein gemahl,

wie sein herz, groß zu allen stunden,

nicht kunte werden überwunden,

dan nur von deiner zierden zahl.

Laß sich dein herz nicht mehr bekränken

durch deiner eltern angedenken,

wan schon dein götlicher anfang

kam von zwiefach gekröntem rang

Vil königlicher potentaten,

die streitbar, mächtig, groß und mild

mit löblichen frid- und kriegsthaten

der weiten welt vier eck erfüllt.«


Die letzte antistrophe.


»Hingegen will aus sondern gnaden

der himmel zu der erden gut

aus dieses fürsten hohem blut

mit süßen früchten dich beladen,

Indem aus deinem edlen leib

entspringen sollen große prinzen,

als welcher tugend der provinzen

erlösung und beschützung bleib.

Der adler, sich selbs zu ergetzen,

wird sich auf ihren schild gern setzen,

alsdan soll ihr gerechter zorn

des mons zweispitzig stolzes horn

Wie auch den getriplierten kronen

in beedem cäsarischem sitz

zu gottes ehr gar nicht verschonen

mit ihrer wehr und langen spitz.«


[17] Der letzte epod.


»O, mit wie vil lorberkränzen

wird ihr haupt gekrönet sein!

wie wird ihrer sigen schein

diese welt ganz überglänzen!

Wolan, fürstin from und zart,

selig sei nun dein einfahrt!

selig wir, dich zu begrüßen!

selig alle, zu genießen

Einer so seligen eh,

aus deren fürstlichen züchten

man das land bedecket seh

stets mit angenehmen früchten!«

Hie beschloß der Rhein den mund

und sank frölich in den grund.

Quelle:
Georg Rodolf Weckherlin: Gedichte, Leipzig 1873, S. 11-18.
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