8. Als die böse Catharis ihren Namens-Tag begieng

[136] 1.

Böse Jungfer, sol ich nun

Mich der Sachen unterwinden,

Und der Zeit ihr Recht zu thun,

Sie mit einem Bande binden?

Nein, ach nein, ach warlich nein,

Nein, sie möchte böse seyn.


2.

Dann sie hat nur gar zu viel

Ihren scharffen Text gelesen:

Wo ichs weiter treiben wil,

So bekomm ich gar den Besen;

Nein ich wag es nicht mit ihr;

Dann wer ist mir gut dafür.


3.

Läst sie sich nicht sauer an

In den Reden und Geberden,

Daß ich armer Hampel-Mann[136]

Möchte zum Salate werden,

Wann ich nur den Uberfluß

Ihrer Boßheit kosten muß.


4.

Ich bin fromm, als wie ein Lamm,

Gleichwohl sind die Jungfern alle

Mir zum blossen Possen gram,

Daß ich offt in Schwermuth falle,

Wann ich dencke, wie ich wohl

Diesen Sachen helffen soll.


5.

Wann doch itzt mein schlechtes Band

Höflich auffgezogen käme,

Und entweder ihre Hand

Solches nicht vor Willen nähme,

Oder mir zum Uberdruß

Träte sie es untern Fuß.


6.

Ey, wie würd ich da bestehn,

Daß ich armer Diebel solte

So bezahlt nach Hause gehn,

Wann ich courtoisiren wolte?

Nein, ich gebe mich nicht bloß.

Meine Scham ist viel zu groß.


7.

Alle Leute wiesen ja

Mit den Fingern, wo ich stünde;

Seht doch, seht den Kerlen da

Mit dem schönen Angebinde,

Seht doch, seht, wie er sich ziert

Und den Nutz ans Schienbein schmirt.


8.

Dieses geh ich endlich ein,

Wo das böse Donner-Hertze

Wil schier künfftig frömmer seyn,

Nun so schwer ich nicht im Schertze

Bey dem Schacht und Damen-Spiel,

Daß ich sie noch binden wil.

Quelle:
Christian Weise: Der grünenden Jugend überflüssige Gedanken, Halle a.d.S. 1914, S. 136-137.
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