XXXIII.

[148] Dieses wäre schon genug einen Tractat vom Rechtschaffenẽ Studenten zu schreiben: sonderlich wen man zu letzt allerhand Arcana mit anhenckte.[148] Wie ich den auf der Universität in so vielen Jahren / an mir und an andern / manchen Irrthum gemercket / daraus ich ein gutes Consilium nach dem andern fassen kunte / daß ich endlich willens war Statistam Academicum herauszugeben / und darinne Anleitung zu thun / wie man in erwehlung des Tisches / der Stube / der Freunde / der Information, der Patronen des Zeitvertreibs / und was dem anhängig / allen Schaden verhüten / und seine Besserung suchen solle. Wiewol ich bekam darnach andere Gedancken. Vor eins hätte ich keinen Irrthum beschreiben dürffen / man würde solchen fast mit Händen an mir oder an meinen guten Freunden gegriffen haben; ja es hätte ein Patron oder ein Præceptor einige Censur auff sich appliciren können. Ferner sahe ich / daß die Studenten-Reguln nicht durchaus von allen auff eine Manier erfodert werden. Ein Armer ein Reicher / ein Ignorant ein Fundamental Kerl / ein künfftiger [149] Philologus und einer der sich in seiner Haupt-Disciplin ad praxin zu begeben gedenket / die können gewiß nicht auff einerley Patronen / auff einerley Conversation, und so weiter / gewiesen werden. Ja die Arcana bleiben nicht Arcana, wen sie bekand sind. Ich wil nur eines gedencken / daraus von den andern mag judicirt werden. Ein guter Freund kam aus Holland / und gedachte wie sich ein Landsmann bey einem Professori trefflich insinuiret hätte / weil er jhm / bey schlechter Freqvenz des Auditorii, die Lectiones beständig besucht / und in der kurtzen Reihe nach verflossener Stunde / allemahl Gelegenheit gehabt mit jhm zu reden / und die Affection besser zu suchen. Und eben dieser sagte: wer dieselben Lectiones erwehlet / da sich etliche 100. Kerles um die Bäncke dringen / der hat von dem Professor wenig danck: den er hat so viel / daß er etliche Personen verschencken möchte. Allein wer sich dahin hält / ubi paucitas reddit visibiles, der[150] kan desto eher bekandt / auch desto leichter dem Gedächtnüße recommendirt werden. Nun wil ich nicht reden / was von dem Arcano zu halten ist. Doch wer es nicht heimlich hielte / der möchte sich nur deßwegen alle gute Hoffnung vergehen lassen. Und ich zweifle / daß ein Professor grosse Affection würde schuldig seyn / wen einer offentlich / oder auch wol gegen vertraute Freunde / wie man sie in diesen schweren Zeiten hat / sprechen wolte: Ich gehe nicht Lernens halben in die Stunde / ich suche nur in seine bekandtschafft / und wils GOtt / zu besserer Beförderung zu kommen. Also lasse ich solche Reguln nicht an das Tageliecht bringen: sondern wen ich einen Untergebenen sehe / der seine Fortun durch einen oder den andern Statistischen Kunstgrieff verbessern möchte; Dem gebe ich einen Vorrath / im Vertrauen / mit auf den Weg / und solch Viaticum ist so gut / als jenes Philosophi, der einen Hexameter vor 600. Cronen verkaufft hat.

Quelle:
Christian Weise: Kurtzer Bericht vom politischen Näscher, Leipzig 1680, S. 148-151.
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