Sieben und achttzigstes Exempel.

Ein vornehmer reicher HErr an dem königlichen Hof in Persien wird um des Christlichen Glaubens willen aller seiner Reichthumen gewaltthätiger Weiß beraubt: welches er doch mit grosser Gedult übertragen, und im Glauben beständig verbliben ist.

[387] Diesem Herrn, mit Nahmen Suenes, schickte der König, so ein Heyd war, solche Preß-Reuter zu, die ihn in kurtzer Zeit um Haab und Gut (dessen er sich nicht zum Pracht, sondern zur Andacht gebrauchte) endlich auch an den Bettelstab gebracht. Er aber, weilen er zu Gemüth führete, was gestalten der höchste GOtt selbst um unsertwillen die Armuth auserwählet habe, übertruge solche Gewaltthätigkeit mit grosser Gedult, und tröstete sich mit diesem, daß, obwohlen man ihn aller zeitlichen Schätz und Güter beraube, man ihne doch des grösten Schatzes, des wahren Glaubens nicht berauben könne. Damit ihn aber der König empfindlicher angriffe, liesse er ihm seine Kinder vor den Augen zu Leibeigenen an Ketten schmiden, und hinweg führen, welchen der Vatter mit weinenden Augen also zusprache: ihr meine Kinder! behüte euch GOtt; und sehet, daß ihr den Glauben, den ihr von mir erlernet, niemahls verlasset. Ubergebet williglich anderen die Reichthum und Ehren dieser Welt: dann ihr werdet reich und edel genug seyn, wann ihr an eurem HErrn und GOtt werdet treu verbleiben. Der Glaub wird euch die Zäher abtrocknen; euer Armuth bereichen, euere Band glorwürdig, und eueren Tod herrlich machen. [387] Diese Verfolgung ist ein fürübergehendes Wetter, darauf ein solcher Tag erfolgen wird, der weder Finsternuß, noch End, sondern ein ewiges Liecht, Glory und Herrlichkeit haben wird. Diese Standhaftigkeit, so die gantze Welt hätte sollen zur Verwunderung bewegen, hat die Heyden sehr verbittert, und weilen man im Sinn hatte, ihne nach und nach gleichsam durch ein schwaches Feuer zu verzehren, übergabe man ihme samt den benommenen Gütern einem aus seinen gewesten Dienern, so der grausamste, und untreueste an seinem Herrn war. Suenes aber aller hertzhaft achtete es nicht, sondern sagte: man hat mich zwar aller zeitlichen Gütern beraubt, JEsum Christum aber wird man mir nicht nehmen: diesen allein erkenne ich für meinen HErrn, sowohl in der Dienstbarkeit, als Freyheit, in Glück und Unglück, im Leben und und im Tod, so lang ich ein Haar auf meinem Kopf, und einen Bluts-Tropfen in meinen Adern haben werde, so lang werde ich mich wider die Hölle und Gottlosigkeit setzen. O unerhörte Starckmüthigkeit! dann in so langwieriger Peyn und Marter hat man kein eintziges ungebührliches, oder einem Christen übel anständiges Wort aus seinem Mund gehört. Also muß man die Höll und den Teufel mit Füssen tretten; und sich der ewigen Güter theilhaftig machen. Causinus To. 2.

Quelle:
Wenz, Dominicus: Lehrreiches Exempelbuch [...] ein nutzlicher Zeitvertreib als ein Haus- und Les- Buch. Augsburg 1757, S. 387-388.
Lizenz:
Kategorien: