Fünf und zwantzigste Begebenheit.

Ein Calvinischer Fürst hat kurtz vor seinem Tod einen förchtlichen Traum.

[669] Dieser Fürst ware der bekannte Printz Wilhelm von Oranien, so der Urheber der Niederländischen Rebellion wider Philippum den 2ten König in Spanien, rechtmäßigen Herrn der Niederlanden gewesen. Diesem kame in dem Traum für, als sehe er vor sich Carolum den 5ten Römischen Kayser, der lang vorher mit Tod abgangen. Dieser redete den Printz also an: Kennest du mich, Wilhelm? Bist du nicht derjenige, so von dem 12ten Jahr deines Alters an meinem Hof erzogen worden, und zu grossem Ansehen kommen? Ich war ein Anfänger, und die eintzige Ursach alles deines Glücks und Wohlfahrt. Wie mißbrauchest du anjetzo aller meiner dir erzeigten Gutthaten? Wie widerspänstig bist du wider Philippum, meinen Sohn, König in Spanien, deinen rechtmäßigen Herrn? Diesen beraubest du seiner Authorität und Ansehen, auch der Niederlanden selbst, wider deinen gethanen Eyd und Pflicht. Ja nicht allein das: sondern du beraubest auch GOtt seines Diensts, und ihm gebührender Ehr, so ihm in den Kirchen der Catholischen, wie auch in denen Clösteren der Religiosen (so du verjagt) von so langen Zeiten her erwiesen worden. So bist du auch von der Catholischen, Apostolischen, Römischen Religion, und eingepflantztem Glauben (ausser welchem doch kein Seligkeit zu hoffen) meineidig abgefallen; wie nicht weniger von deinem König selbst, als deinem Obersten, und höchsten Gewalthabenden Fürsten und Herrn. Jetzt wisse, daß ich dich wegen diesem allem vor dem höchsten Richterstuhl GOttes anklagen, und die verdiente Rach wider dich begehren werde. Wehe dir! wehe dir in Ewigkeit! dann wie wirst du dich verantworten können? über diesen Traum ist der Printz aus seinem Schlaf mit solchem Schröcken aufgesprungen, als wann ihm ein gantzer Berg, ja die gantze Welt auf seinem Hertzen gelegen, und darum mit Schweiß also überronnen, [669] daß er sein Leinwath-Gewand zu verwechslen gezwungen war. Des Morgens, wie auch zu Mittag über der Tafel hatte er alles erzählt, was ihm in dem Traum vorkommen wäre, welches ihn dann also geängstiget, daß er solle getrachtet haben, sich mit dem König in Spanien wiederum zu versöhnen, wann ihn nicht denselbigen Tag noch der Tod überfallen, und gantz unverhoft aus dieser Welt hinweg genommen hätte, indem er von einem Burgundischen Edelmann, aus einem Antrieb, den er glaubte, daß er von GOtt käme, mit einer Pistol so mit 3. Kuglen beladen war, durchschossen worden. O mit was für einem Last der schweristen Verbrechen ist er vor GOttes Richter-Stuhl erschienen! wehe dir, du unglückseliger Printz! wehe dir in alle Ewigkeit! dann du nicht gestorben in dem Catholischen, und allein seligmachenden Glauben; als welchen du treuloser Weis verlassen hast. Wo liset man aber, daß du hierüber einige Reu und Leid erweckt habest? Wo? wo? nirgends. Solle nicht diese Begebenheit alle deines gleichen von dem Catholischen Glauben treuloser Weis Abgefallene erschröcken, und schwitzen machen? Hazart S.J. im dritten Theil seiner Geschichten ex Anonymo Tumultuum Belgicorum Scriptore.

Quelle:
Wenz, Dominicus: Lehrreiches Exempelbuch [...] ein nutzlicher Zeitvertreib als ein Haus- und Les- Buch. Augsburg 1757, S. 669-670.
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