Das sechste Capitel.

Exempel eines Edelmanns.

[834] P. Georgius Gobat S.J. tr. 6. de vera contr. casu 3. erzählet folgendes Exempel von einem Hoch- und Wohlgebohrnen Ritter, Johann Conrad von Bodmann benamset: sein uraltes Geschlecht hat den ansehnlich, aber sein Tugend ansehnlicher, und herrlicher gemacht. Die Zierd seines Lebens war der grosse Verstand, und die Nüchterkeit. Johannes der Tauffer ware dessen sonderlicher Vorsprecher, und Schutz-Heiliger aus Ursach, dieweil seines Geschlechts Namen, und Stammen durch Vorbitt dieses Heiligen erhalten worden: als im Schloß Meckingen ein überhand nehmende Feuers-Brunst entstanden, der letzte dieses Geschlechts, noch ein Kind in einem Kessel über ein Fenster tief hinunter, mit augenscheinlicher Lebens-Gefahr geworffen, in Anruffung dieses Heiligen erhalten worden. Nun dieser jetzt benennte Ritter, als er vermercket, daß das zerbrechliche Gebäu seines sterblichen Leibs bald zerbrechen, und zusammen fallen wolte: die Kranckheit machte ihn schwach, sein Tugend aber starck und vorsichtig, er eylet vorzukommen, damit ihn nicht der Tod übereylete. Beruffet nach Meckingen aus der Stadt Constantz einen Beicht-Vatter aus der Gesellschaft JEsu, drey Wochen vor seinem Ableiben im Jahr 1625. Alle seine Gewissens-Händel handlet er mit diesem ab, beichtet ihm nicht nur ein, sondern mehrmahlen mit Demuth, und zerknirschtem Hertzen: er bedauret sein grosses Leyd mündlich, und schriftlich mit diesen Worten. O liebwerthester GOtt! wie abscheulich bin ich mir selbsten, dieweilen ich mit solcher Vermessenheit so vielmahl deine Gütigkeit beleydiget, so schändlich gesündiget. Von nun an verlange ich durch den Lauf meines Lebens, und durch die lange Ewigkeit dir der unendlichen Gütigkeit zu gefallen. Beynebens erkläre ich mich, so es ohne Beleydigung seyn konte, und so du mein GOtt ein Wohlgefallen daran hättest, so geschehe es, stürtze mich in den Abgrund [834] der Höllen. In solcher Anmuthung seuftzet er in die Wunden des Gecreutzigten, wie auch gegen dem Himmel, und ruhet in Frieden. Inden er sich zur Höllen angetragen, wurde er in Himmel erhoben: dann ein zerknirscht-gedemüthigtes Hertz wird GOtt nicht verschmähen. Dermassen suchet Gnad alle sündhafte Menschen-Kinder mit Bereuung, und Bekanntnuß euerer Sünden: wann ihr den HErrn euren GOtt suchen werdet, so werdet ihr ihn finden, so fern ihr ihn von gantzem Hertzen suchet, und mit Beängstigung euerer Seelen. Deuteronom. 4. v. 29.

Aurelius Augustinus vor Zeiten ein Sünder, folgends ein offener Büsser, hat GOtt seinen HErrn gesucht, und gefunden: mit gantzem Hertzen hat er ihn gesucht, und mit Beängstigung seiner Seelen gefunden. Wer ihme will nachfolgen, lese die offene Bekanntnuß seiner Sünd; ach wie reumüthig ist diese: er lese seine Betrachtungen, auch sein Hand-Büchel, da wird die Lieb GOttes entzündet, und in der Bereuung der Sünden die Eitelkeit in die Aschen gelegt.

In seinem hohen Alter gestellet auf den hohen Leuchter des hyponischen Bisthums, wohl ein helles, und eyfrig-brinnendes Liecht war sein treuhertziger Ausspruch, niemand sterbe ohne Buß. Sein Schlaf-Kammer ließ er ausspalieren mit sieben würcklichen Stucken: nemlich mit sieben in grossen Buchstaben geschriebnen Buß-Psalmen, damit ihm allweg durch die Augen zu Hertzen, in die Seel gienge die wahre Bußfertigkeit in stätem Reumuth. Er sprach, gib meinem Hertzen, O HErr! daß ich dich liebend meine Sünd erkauft: die erkaufte nicht mehr widerhole, und begehe: gib meinem Geist vollkommene Reu und Leyd, und entzünde das Feur deiner Liebe. Med. c. 1. Ich will mich erinneren meiner verübten Schandthaten, und der fleischlichen Verweesenheit meiner Seelen: nicht die, sondern dich zu lieben mein GOtt. Aus Lieb deiner Lieb thue ich dieses, ingedenck meiner boßhaftigen Irrgäng in der Bitterkeit meiner Erinnerung, damit du mir süß werdest, du unverfälschte Süßigkeit, du glückseelige und sichere Süßigkeit. 2. Confess. 1.

Quelle:
Wenz, Dominicus: Lehrreiches Exempelbuch [...] ein nutzlicher Zeitvertreib als ein Haus- und Les- Buch. Augsburg 1757, S. 834-835.
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