Das siebende Capitel.

Die Ursachen, warum der in der Beicht gemachte Vorsatz gebrochen wird, werden hier vorgetragen.

[953] Laßt uns nun ersehen die Ursachen, warum der Vorsatz so leichtlich zerbrochen wird, und warum man so leichtlich wiederum in die alte Sünden auf ein neues fallet; deren seynd viel, und es ist gar wohl der Mühe werth darauf Acht zu haben.

Die erste Ursach ist die Hoffart, wie es am Petro dem Apostel zu sehen, welcher ihme vorgenommen, aber bald seines Vorsatz vergessen, Christum seinen HErrn ein, zwey und dreymahl verlaugnet, weilen er mit einem verborgenen Uebermuth gesprochen: Et si omnes scandalizati fuerint, ego nunquam scandalizabot, wiewohlen alle geärgert wurden, werde ich doch nicht geärgert werden: wann alle sollen entfliehen, Christum verlassen, so werde ich nichts solches thun. Wir sollen demüthig vornehmen, auf die göttliche Gnad, nicht auf unsere Kraft vertrauen: dann ohne die Hülf GOttes werden wir nie was Gutes würcken. All unser Thun wird tadelhaft oder sündlich seyn. Ohne meiner, spricht unser HErr Christus, könnet ihr nichts thun, sine me nihil potestis facere.

[953] Wolt ihr in einer Gleichnus sehen, wie es mit solchen Personen hergehet, sehet an eines Fleischhackers seinen Hund, welcher in einem Winckel voll der zernagten Gebein, umgeben von vielen Mucken liegend sich befindet. Was machst du da, du grober Fleischhacker-Hund? es verdriesset ihn länger in diesem Winckel zu verbleiben, er richtet sich auf, beitlet die Mucken aus, und demnach er ihme selbsten nicht weiß zu helffen, legt er sich wiederum, aber auf die andere Seiten nieder, da kommt der Schwarm der Mucken und Schnacken abermahlen, fangen ihne von neuem an zu beissen, und zu stechen. Gleich diesem Fleischhacker-Hund kommet mir vor, ein fleischlicher Mensch, welcher den fleischlichen Sünden ergeben ist. O du elender Mensch! was machest du in der Fleischbanck des Teufels? du erwartest ein Bein, oder ein Stuck Fleisch, welches dir der höllische Fleischhacker zuwirft. Wirst du aber verdrüßig dieses deines unkeuschen oder unehrbaren Lebens, da richtest du dich auf, erschüttest dich von den Mucken der unehrbaren Gedancken, welche dich peynigen! kaum aber hat ein solcher Mensch durch die Beicht sich aufgerichtet, über ein kleine Zeit fallet er wiederum in seine vorhero begangene Sünden, die unehrbare Gedancken gehen ihm heftig zu, plagen ihn gleichwie zuvor.


Die andere Ursach ist der eigene Nutz. Pilatus ein Römischer Land-Pfleger in Judenland nahme ihme vor, er wolle den fälschlich angeklagten HErrn Christum nicht zum Tod verurtheilen; aber er hat seinen Vorsatz gebrochen, indem sie ihm also zugesprochen, wofern er diesen nicht wurde hinrichten lassen, wurde er aller Welt zu verstehen geben, er sey ein Feind des Kaysers, und er habe sich zu besorgen seines hohen Dienst entsetzt zu werden. Die Philistäer haben die Archen GOttes gefangen, und sie ihrem Abgott Dagon beygesetzet, aber in Kraft der Archen, wurde der Abgott an Händ und Füssen gestimmlet, und der gestimmlete Leib, bis zum Thor der Kirchen zur Erden geworffen. Dis war die Ursach, daß die Philistäer die Archen abgeschaft, hinweg begleiten lassen, weilen nemlich sie dem Dagon so übel ausgewartet. Eben also thun dieselben, welche durch die Beicht den Schatz-Kasten der göttlichen Gnad haben gefangen bekommen; aber demnach sie sehen, daß der ungerechte Mammon, in Vollziehung der Buß soll geworffen werden, wollen sie das fremde ungerechte Gut nicht verlassen, weder zustellen, sie wollen lieber die Gnad GOttes, als den Mammon fahren lassen.

Die dritte Ursach der Zerbrechung der guten Vorsätz pflegt zu seyn die Verzweiflung. Cain erkennet sein Sünd, und es liesse sich ansehen, als ob er davon wolte abstehen, doch sprach er, major est iniquitas mea, quam ut veniam merear, grösser ist mein Boßheit, als daß ich Verzeyhung erwerbe. Judas der Iscarioth bereuet seine Sünd, daß er Christum [954] das unschuldige Blut verkauft: er sprach, wie schwerlich hab ich gesündiget, indem ich meinen Lehr-Meister hab verrathen, und verkauft, die 30. Silberling gibet er zuruck: doch nach allem diesem gehet er hin, verzweiflet, und erhencket sich selbst. Viel seynd, die gleichesfalls wie Cain und Judas in die Verzweiflung gerathen, denen der alte listige Feind der Teufel vorhält, daß der Beicht-Vatter sie, oder nicht wird können, oder nicht wird wollen von ihren Sünden lossprechen: und also bis zum End ihres Lebens verharren diese in der Unbußfertigkeit.


Die vierte Ursach ist die Untreu des Fleisches, welches gleich wie Dalila den Samson anfechtet, und überwindet. Die jenige, welche leichtlich mit diesem übereins stimmet, dieselben verstossen von sich allen geistlichen Trost. Zwey gute Mittel werden diesen allhier angetragen. Das erste ist, anruffen und bitten die reiniste Jungfrau Maria, durch ihre unbefleckte Empfängnuß, sie wolle durch ihre Vorbitt und Beystand uns erhalten in der Reinigkeit Leibs und der Seelen. Das andere ist, die Vermeydung der sündlichen Gelegenheiten.

Unter den alten und neuen Gelehrten war ein strittige Frag, ob der König Salomon verdammet oder seelig worden: etlich, wie bey P. Pineda in dem Buch de Prævio Salomone genannt, zu sehen, sprechen ihn seelig, andere sprechen ihn verdammet, darunter ist Abulensis. Das vornehmste Argument dieses zu beweisen, ist, daß der König Josias die Götzen-Bilder, welche Salomon aus Anstiftung der Heydnischen Weiberen, die er unziemlich geliebet, aufgerichtet hat, habe zerstöhret: Excelsa quoque destruxit, quæ ædificaverat Salomon Rex, wie es vermeldet die Heil. Schrift. Wann Salomon der König rechte Buß hätte gethan über die verübte Sünd, so hätte er nach Meynung Abluensis die Götzen, und Götzen-Tempel zerstöhret: er aber hat dieses nicht gethan, weilen sie bis zu den Zeiten des Königs Josias stehen geblieben: dahero kan nicht wohl gesagt werden, daß er rechtmäßige Buß gethan. Die Wahrheit wird mit solchem Beweiß bestättiget. Derjenige thut kein wahre Buß, der in der Sünd verbleibt, und wie wohl er es thun konte, die sündliche Gelegenheit nicht aus dem Weeg raumet: Salomon konte dieses, die sündliche Gelegenheit der Abgötterey aus dem Weeg raumen, hat es nicht gethan, weder ein erforderlichen kräftigen Vorsatz sich zu besseren gemacht habe.

Andere zwey Ursachen wird folgendes anzeigen.

Quelle:
Wenz, Dominicus: Lehrreiches Exempelbuch [...] ein nutzlicher Zeitvertreib als ein Haus- und Les- Buch. Augsburg 1757, S. 953-955.
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