18. Damon und Corinna

[294] Corinna ward entzündt als Damon mit ihr sprach,

Brunst funckelt' um die Stirn', und glüht' auff ihren Wangen;

Sie folgte seinem Reitz, und gab der Neigung nach,

Weil unerfahrne Furcht verschwand vor dem Verlangen.

Corinna die zerschmoltz' in eine See der Lust,

Die Fluth ward ungestühm, die Wellen ihrer Brust

Die schwollen höher auff, und ihre volle Lippen

Die seufftzten einen Sturm: Und solt' er säumig sein?[294]

Er forschte nach der tieff', umsegelte die Klippen,

Und lieff mit vollem Wind' in Eil' in Hafen ein:

Vergebens! Was er sucht, das hätt' er sollen meiden;

Weil keine hier als nur im Hafen Schiffbruch leiden.


Quelle:
Christian Wernicke: Epigramme, Berlin 1909, S. 294-295.
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